FLUSSGESANG

 

ich ging an den fluß

in der morgenstille

da die sonne sich sammelt

am aufgang des himmels

 

das gespinst des gesangs

seinen atem zu fangen

und ich hörte sie singen

ich hörte die Ganga*

 

von schweigenden räumen

die uns umschließen

von lautlosen worten

die uns versinken

 

von tieren an küsten

unter anderen sonnen

von hellen nächten

an der lende des gottes

 

still lag ich da

mit geschlossenen augen

hörte auf steinen

waschen die frauen

 

bis sich der himmel

senkte am abend

wind trieb die nacht her

von jenseits des Wagens

 

lauter sang wieder

die doppelte deichsel

nahm meinen atem

wahrte das schweigen

 

 

 

***

Rohlieder I – X von HEL, KUNO 2018

HEL ist bekannt geworden als Publizist gesellschaftskritischer Lyrik sowie Essays. Nach dem Zyklus Zeitgefährten, die zwischen 1977 – 2008 entstanden sind, veröffentlicht KUNO die Reihe Rohlieder I – X, die dank Caroline Hartge neu ediert worden sind. Diese Gedichte legen eine Stimmung frei, die zwischen Melancholie und Unbeschwertheit, Wehmut und Klarheit wechselt.

Weiterführend →

Eine Würdigung von HEL findet sich hier. Eine faszinierend langer Briefwechsel zwischen Ulrich Bergmann und HEL findet sich hier. Eine Hörprobe des Autors findet sich auf MetaPhon.

 

 

Anmerkung:

ganga = „göttin des Ganges, des gangawassers“