hautstille | im gegenlicht

für Friederike Mayröcker 2014

regenschirme treiben vorbei das leben
zahlt sich aus tage wabern
im sommerlicht wie algenteppiche
oder wasserlinsen im mäander
auf einem berg stand ich
am parnass sagen wir
besser an einem abhang
und stürzte in ein thrakisches meer

am himmel sah ich kraniche oder silberreiher
helle vögel jedenfalls
vogelmenschen

stumm
beobachteten wir einander
du einsam in einer zwischenwelt
ich in einem zwischenmeer

pan spielte abseits
auf einer knochenflöte
die gesänge von hühnern und gänsen

singschwäne zogen heran
schlafmohnlieder im gefieder
und in den schnäbeln eine goldene kette

alabaster
zylindrische farben* sagst du
und ein hotelzimmer in wien

 

 

 

Weiterführend  „Nur nicht enden möge diese Seligkeit dieses Lebens“. Eine Erinnerung von Peter Paul Wiplinger. Ein Rezensionsessay von Holger Benkel. Über allem liegt die Melancholie des Erinnerns, Andre Schinkel erinnert an den Band ich sitze nur GRAUSAM da. Axel Kutsch über die Verhaltensweisen und Wahrnehmungen, aus denen die dichterische Kraft erwächst, das poetische Kleinod „Von den Umarmungen“. Friederike Mayröcker verknüpfte ihr Schreiben mit einer Dimension, die über die Wirklichkeit, die sie vorfindet, hinausgeht: „Im atmenden Alphabet“, eine Hommage von Theo Breuer.

* aus Friederike Mayröcker: drei Traumwahrheiten oder: kein Wort mehr über Träume (Gedicht, in Friederike Mayröcker: Winterglück, Suhrkamp 1986)