auf und zu 13

Malerei sei stumme Poesie, Poesie beredte Malerei, hieß es in der Antike, als man über den Wettbewerb der als verwandt betrachteten Künste nachdachte. O ihr lieben Bücher, ihr allein seid freigiebig und freimütig, ihr gebt jedem Bittenden und laßt jeden, der euch treu gedient hat, in die Freiheit ziehen, schreibt im 14. Jahrhundert Richard de Bury in seinem in lateinischer Sprache verfassten Lob der Bücher, dem Philobiblon. Rar und kostbar, wie die noch von Hand geschriebenen Bücher zu jener Zeit waren, verteidigt sie Bury gegen Übersetzer, die ihr Handwerk nicht beherrschen: Wie gut wären die Bücher dran, wäre nicht das verhängnisvolle Wagnis des Turmbaus zu Babel gewesen und hätte sich nur eine einzige Sprache über das ganze Menschengeschlecht verbreitet.

Almuth Hickl ist ein inspirierender Geist, sie liebt die Neuen Medien und führt sie aber zugleich vor, indem sie diese Maschinen humanisieren will. Indem hier mediale Archäologie mit Entdeckerfreude zusammengeht, unterstreichen diese Arbeiten die zunehmende Bedeutung des Bildes, welches heute die Wortkultur überlagert hat und die Sinne usurpiert. Licht, Perspektive, Spiegelung und die Illusion von Bewegung verleihen den Abbildungen einen geheimnisvollen Charakter.

Almut Hickls Perspektive ist auch eine Anspielung auf die Tradition der Malerei bis in die Postmoderne. Seit der Erfindung der Zentralperspektive wurde ein Gemälde als Fenster in eine andere, höhere oder künstliche Wirklichkeit verstanden. Die Nachahmung der Welt war dafür die Bedingung. In der Postmoderne wird das Abbilden verworfen und die Bildfläche in ihrer Flächigkeit zum Gegenstand gemacht. Der Baukasten der Postmoderne generiert laufend neue Bilder; am Computer entworfen, vermischen sich die verfügbaren Ikonen miteinander. Virtuelle und wirkliche Welten überlagern einander, um sich zu einem Bild zusammenzufügen. Beim Betrachten ihrer Bilder fühlt man sich an Nikolaus Cusanus‘ Schrift De Visione Die erinnert, in der ein blickendes Bild beschrieben wird, von dem sich der Betrachter immer schon wahrgenommen weiß. Hier wird der Sehende zum Gesehenen, der Suchende zum Gefundenen. So homogen ihre Werkgruppen sind, so heterogen erscheint die Handschrift der Artistin, wenn man die Werkgruppen nebeneinander stellt, vielfältig wie das Leben selbst.

In der Menschheitsgeschichte ging die Entwicklung der Technik stets mit der des Geistes einher. Man kann nur erahnen, welch große Auswirkung die neue Technik im Buchdruck auf die Gesamtkultur gehabt hat, insbesondere aber auf Literatur und bildende Kunst. Mit dem Buchdruck ergibt sich über die Einzelsprachen hinaus ein interessantes Muster, ein System an Veränderungen, und zwar vom Lateinischen zu den Volkssprachen zur Vermischung und schließlich zur Reinigung. Die Reinigung wäre sinnlos ohne die Vermischung, die Vermischung hängt zusammen mit der Verschiebung hin zum Schreiben in der Volkssprache anstatt auf lateinisch.

Die Menschen im Mittelalter haben sich darüber keine Gedanken gemacht. Da gibt es Latein für die Kommunikation der Eliten und die Volkssprache für alles andere. Aber sobald man zu schreiben und zu drucken beginnt, stellt man sich Fragen wie Ist das elegant oder die hohe Form der Sprache? Dieser Frage geht auch die Künstlerin Karin Innerling nach. Der Betrachter muß sich den Sinn entschlüsseln, erschließen. Eine Allgemeingültigkeit ist immer fraglich, da alle Bilder zwar im selben Kontext stehen, jedes für sich jedoch seine Eigenständigkeit bewahrt, eine Abgrenzung aber ist nicht unbedingt von vorne herein gegeben, Verzahnungen sind auch zwischen diesen beiden Künstlerinnen vorhanden.

Almuth Hickl und Karin Innerling

in der Buchgalerie Mergemeier, Luisenstr. 7  Düsseldorf

Heute von von 13.00 – 17.00 Uhr