Porträt der Hungertuchpreisträgerin Eva Kurowski

Eva Kurowski aus Oberhausen–Eisenheim erhält in Anerkennung ihres künstlerischen Werks das Hungertuch für Musik 2011

Photo: Helge Schneider

Eva Kurowski wuchs im Jazzkeller ihres Vaters Kuro in Oberhausen–Eisenheim auf und erlernte dort schon früh den Beruf der Jazzsängerin. Mit ihren eigenen zauberhaften Chansons und Balladen auf dem Album „Reich ohne Geld“ gelang es ihr, sich als ‚Billie Holiday des Strukturwandels’ einen Namen zu machen, der weit über die Jazzszene des Ruhrtals hinausragt. Ihren Gassenhauer „Reich ohne Geld“ widmete sie den Musikern des legendären Tim Isfort–Orchester, mit dem sie gemeinsam mit Christian Brückner, Tom Liwa, Katharina Thalbach, Blixa Bargeld, Sam Lee Brown durch Deutschland tourte.

Kurowski erweist sich als Kartographin des Ruhrgebiets, das sie so detailgetreu nachzeichnet, daß das Abbild mit der Wirklichkeit deckungsgleich wird, um alsbald in dieser zu zerfallen. Was bei ihrer CD »Reich ohne Geld« an lächelnder Schwermut antönt, findet sich auf knapp 200 Seiten in ihrer selbstironischen Biographie »Avanti Popoloch«, ihre eigentliche Kunst, bleibt ganz an der Oberfläche, fast hält sie die Firnis, die unmittelbarste, epidermische Wirklichkeit fest. Eva Kurowskis Menschenporträts, von Erörterungen der eigenen Zerrissenheit durchwirkt, verdichten sich zum Sittengemälde des Ruhr–ge–Beats. Die Songschreiberin weiß es, und sie gestaltet diese Dramen ebenso gewaltig wie zart. Ihre halluzinativ genaue Wiedergabe von Geringfügigkeiten, in deren Verkettung ein Ort und eine Zeit decodierbar werden, macht sie zur Post–Pop–Autorin, einer Heimatdichterin fern aller Folklore und eine Reiseautorin im eigenen Hinterhof.

Matthias Hagedorn, Werkstattgalerie Der Bogen, Februar 2012

 

 

 

Weiterführend → 

Im Jahr 2001 wurde mit dem Hungertuch vom rheinischen Kunstförderer Ulrich Peters ein Künstlerpreis gestiftet, der in den Jahren seines Bestehens von Künstlern an Künstler verliehen wird. Es gibt im Leben unterschiedliche Formen von Erfolg. Zum einen gibt es die Auszeichnung durch Preise und Stipendien, zum anderen die Anerkennung durch die Kolleginnen und Kollegen. Letzteres manifestiert sich in diesem Künstlerpreis.

Die Dokumentation des Hungertuchpreises ist in der erweiterten Taschenbuchausgabe erschienen:  Twitteratur, Genese einer Literaturgattung. Herausgegeben von Matthias Hagedorn, Edition Das Labor 2019.

Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur. Und ein Recap des Hungertuchpreises. Eine Liste der bisherigen Preisträger finden Sie hier.

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