Nach den Korrekturen

Elegie vor den endlichen Ferien

 

Wohlan, es ist vollbracht! Vorbei die schöne Zeit.

Dass sie so schnell verging, erscheint mir wie Betrug:

Die vielen Jahre waren ja nur ein Funkenflug.

Kollegen meinen neidisch: Sei froh, du bist befreit!

 

Wovon befreit? Von Arbeit und Schüleralbernheit?

Von tausend Korrekturen, die ich nach Hause trug?

Von langen Konferenzen? Die machten kaum mich klug.

Und bei den Dezernenten fehlt mir die Heiterkeit.

 

War alles nur ein Traum, was ich einmal begonnen?

War auch mein Unterricht nur wenig mehr als Null?

Das kann ich gar nicht glauben, ich war kein schlechter Krull.

 

Was bleibt denn dann noch übrig? Ist alles mir zerronnen?

Es bleibt der Dank, Kollegen! Mit euch verlier ich viel.

Dafür gewinn ich Zeit. Ich bin noch nicht am Ziel.

 

[32 Jahre x 5 Korrekturklassen x 6 Arbeiten x 5 Spalten x 20 Schüler

= 100.000 Seiten = 33.000 Buchseiten = Sämtliche Werke von Goethe

(Berliner Ausgabe), 22 Bände + Schiller (Berliner Ausgabe), 10 Bände +

Thomas Mann, 38 Bände = 70 Bände Werkausgaben: Romane, Dramen, Gedichte, Schriften, Briefe, Tagebücher]

 

***

Ulrich Bergmann

Dieses Sonett in Alexandrinern war Ulrich Bergmanns Abschiedsrede 2010 im Kollegium, direkt vor den Sommerferien.

Weiterfühend →
Ein Hinweis auf die Reihe Keine Bojen auf hoher See, nur Sterne … und Schwerkraft Gedanken über das lyrische Schreiben.