Die künstlerische Vision von Ioona Rauschan und ihre innovativen Ansätze haben die Art und Weise verändert, wie Geschichten akustisch erzählt werden, und sie gilt als eine der bedeutendsten Figuren in diesem Bereich.
Der VerDichter A.J. Weigoni entzog sich genauen Gattungszuschreibungen. Einerseits ist Señora Nada ein lyrisches Monodram, andererseits kommt es in der Regie von Ioona Rauschan in der Form eines Hörspiel daher. Mit dieser Inszenierung erforschte sie das Transzendenzbegehren des Menschen in einer transzendental für obdachlos erklärten Welt.
Rauschan ist eine Regisseurin, Schriftstellerin und Künstlerin, deren Bedeutung für den Bereich Hörspiel und Hörbuch vor allem in der ästhetischen Verbindung von Text, Musik und Sprache liegt.
Rauschan hat eine besondere Fähigkeit, literarische Werke akustisch zu interpretieren. Durch ihre Regiearbeiten fördert sie nicht nur die sprachliche Darbietung der Texte, sondern integriert auch musikalische und klangliche Elemente, die den emotionalen Gehalt der Geschichten verstärken. Besonders hervorzuheben ist ihr Projekt Señora Nada, ein lyrisches Monodram, das schwere Themen wie Trauma und Schmerz behandelt. In dieser Inszenierung gelingt es ihr, durch Klang und Rhythmus eine tiefere Verbindung zum Publikum herzustellen.
Die Regisseurin versteht die Regie bei Audio-Produktionen als eine Vermittlung zwischen Text und Publikum, bei der die Atmosphäre und der „Geist eines Buches“ im Vordergrund stehen.
Die Produktion Señora Nada provoziert mit einem stream–of–consciousness durch Inhalte und nicht durch Dolby–Surround. Darin begleitet Tom Täger die Schauspielerin Marina Rother mit einer Musik der befreiten Melodien. Seine Komposition zu Señora Nada ist durchsetzt von minimalistischen und improvisatorischen Erfahrungen, das Klangbild wird von experimentellen Klängen zu Trivialklängen in Bezug gesetzt. Die Vertonung ist rasch im Grundtempo. Crescendo– und Decrescendo–Verläufe schaffen fiebrig–erregte Ausdruckszonen wie die buchstäblich hervorbrechenden Forte– und Fortissimo–Attacken. Tägers Klanglichkeit bleibt Weigonis Exaltiertheit nichts schuldig. Es gibt Momente, da berühren sich Musik und Sprache, wie eine Fingerkuppe vorsichtig in eine gespannte Wasseroberfläche eintaucht, ohne sie zerstören zu wollen. Diese behutsamen Momente sind die Augenblicke, in denen für ein paar Takte kaum etwas zu hören ist. Es sind Sekunden von viel größerer Kraft als jedes Crescendo. Das Angebot, das in dieser Musik liegt, ist eine Herausforderung.
Beim Hörspiel Señora Nada sich durch eine enge Verzahnung von Rhythmus und Melodie neue Horizonte für das Genre.
Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Künstlern, darunter Musiker und Schauspieler, hebt ihre Produktionen hervor. Sie betrachtet die Akteure als „re-kreative Künstler“, die in der Lage sind, die Bedeutung von Texten durch ihre darstellerische und klangliche Interpretation neu zu definieren. Diese dynamischen Interaktionen führen dazu, dass die Texte nicht nur gelesen, sondern lebendig interpretiert werden.
Ursprünglich vom Theater kommend, übertrug sie dramaturgische Ansätze auf das Hörspiel. Kritiker hoben besonders ihre Fähigkeit hervor, einen „wachsamen Erzählfluss“ zu kreieren, der über die reine Lesung hinausging
Wenn sich gegen Ende von Señora Nada, die Komposition zu einem leeren Quintklang zusammenzieht in der Pianissimo–Dynamik, haben die Takte dieses Hörstücks Welten an Ausdruck, Dynamik, Ambitus durchschritten. Man weiß es nicht so genau, ob die Ruhe nach dem Sturm nachklingt oder eine im statischen Quintklang erstarrte Erschöpfung. Die Vertonung Tom Tägers fügt sie – mit allen Kontrasten von Tempoverläufen, Klangdichten, dynamischen Abstufungen – über die Wortbedeutungen hinweg zu einer einleuchtenden Zyklik. Die Klänge und Strukturen sind eigenartig: ähnlich und doch immer wieder neu, streng und doch offen. Das Zuhören führte an ein Zeitempfinden heran, wie es in dieser Weise selten zu erleben ist. Jedes Kunstwerk erinnert an den Geist und die Erweiterbarkeit des menschlichen Horizonts. Jedes bedeutende Werk hat das Bewußtsein geöffnet und nicht einfach nur die öffentliche Nachfrage nach Schönheit bedient.
Die Regisseurin wird für eine anspruchsvolle, künstlerisch-experimentelle Hörspielregie gewürdigt, die literarische Vorlagen klanglich neu interpretiert.
Ioona Rauschans wachsame, im Erzähl-Augenblick so genau beobachtende Regie vergegenwärtigt jedes dieser literarisch möglichen Leben so intensiv, dass sich niemals das Gefühl eines bloß spielerischen Als ob einstellt. Jedes mögliche Leben ist in dem Moment wahr, da es erzählt wird. Rauschans Einfluss auf den Bereich Hörspiel und Hörbücher ist unbestreitbar. Ihre Arbeiten zeichnen sich durch eine tiefe künstlerische Auseinandersetzung mit Sprache und Klang aus, die nicht nur die Präsenz von Zuhörern und Zuhörerinnen fördert, sondern auch ihre Gedanken und Emotionen anregt. Durch ihren innovativen Ansatz bleibt Rauschan eine zentrale Figur in der Welt der akustischen Literatur.
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Die Produktion Señora Nada ist Teil des Hörbuchs Gedichte von A.J. Weigoni.

Weiterführend → Ein Kollegengespräch mit Ioona Rauschan findet sich hier. Das Live-Hörspiel 5 oder die Elemente wurde in der Regie von Rauschan mit Marion Haberstroh und Kai Mönnich im Gutenberg-Museum zu Mainz uraufgeführt. Señora Nada, in der Regie von Ioona Rauschan, ist auf Hörbuch Gedichte erhältlich. Probehören kann man das Monodram Señora Nada in der Reihe MetaPhon.