5. Welttag der Poesie

 

Am 21. März wird jedes Jahr der Welttag der Poesie gefeiert. Er soll an „die Vielfalt des Kulturguts Sprache und an die Bedeutung mündlicher Traditionen erinnern“. Die KUNO-Redaktion empfiehlt an diesem Tag daher Preziosen aus dem Bereich Hörbuch.

A text that alludes to Eliot’s Waste Land,
was set to music by Tom Täger,
using minimalist techniques and sound effects
like the rustle of paper.

Judith Ryan · The Long German Poem in the Long Twentieth Century

In ihren poetopathologischen Aufzeichnungen kämpft die Patientin Jo Chang gegen das Vergessen, das Verlassen–Werden, die Gesellschaft, Gott, und den Tod. Ihr ist das Leben entglitten. Sie versucht es auf dem Papier mit Kanjis wieder zu ordnen. Versucht das, was wir alle tun, dem Leben, wenn es schon keinen Sinn hat, wenigstens eine erzählerische Ordnung zu geben. Die seelischen Grenzüberschreitungen, die das lyrische Monodram thematisiert, vollzieht es formal in der Aufhebung der Gattungsgrenzen nach. Es wird ganz ohne Psychologie erzählt, eher als Status quo eines Experiments. Jo Chang ist auf der Suche nach ihrem Ursprung und findet Einzelteile einer versprengten Existenz.

Das Monodram Unbehaust ist der Versuch, ganz nahe an der Leere, am Unpersönlichen vorbeizugehen. Unterstützt wird der Hörspielmacher von der Schauspielerin Bibiana Heimes. Das Sprechen hat hier seine Selbstverständlichkeit verloren, es hat wenig mit Zwerchfell, Stimmband oder Resonanzraum zu tun. Jo Chang hat ihre Rede nicht. So geht viel, fast alles, verloren. Ihre Verweigerung ist konfrontativ, sie spielt auf mit enttäuschter Erwartung und liefert sich der fremden Sphäre komplexer Geistigkeit aus. Ein delirantes Bewußtseinsprotokoll wird zum Soziogramm einer gefesselten Gesellschaft. Für den passenden Ton sorgt der Hörspielkomponist Tom Täger, der eine Komposition erstellt hat, die ausschließlich aus Papiergeräuschen besteht.

 

 

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Original Holzschnitt auf das Cover gedruckt von Haimo Hieronymus

Weiterführend →

Ein Interview von Jens Pacholsky mit A.J. Weigoni übernimmt KUNO aus dem Berliner Goon-Magazin. Das poetische Polymorphem macht KUNO in der Theaterfassung zugänglich. Dieses Monodram ist als Künstlerbuch ist nur noch antiquarisch erhältlich, daher ist es in Weigonis Band Parlandos wiederveröffentlicht worden. Die Hörspielfassung von Unbehaust ist in der Reihe MetaPhon auf vordenker.de zu hören. Unbehaust ist auf dem Hörbuch Gedichte erhältlich über: info@tonstudio-an-der-ruhr.de

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