Kammermusikalischer Jazz

Oregon demonstrierte, dass Jazz auch ohne Lärm und große Besetzung emotional tiefgründig und musikalisch anspruchsvoll sein kann.

Die Band Oregon revolutionierte den Jazz kammermusikalisch durch die Fusion von Jazz, Weltmusik und Improvisationsmusik in einem intimen, leisen Rahmen, nutzte akustische Instrumente (Gitarre, Fagott, Bass, Sitar/Percussion) statt großer Combos und schuf komplexe, aber zugängliche Kompositionen, die Klassik, Folk und östliche Klänge integrierten und so eine neue Ästhetik des „akustischen Jazz“ etablierten.

Oregon reduzierte die Lautstärke und Komplexität typischer Jazz-Formationen, um eine intimere, dialogorientierte Atmosphäre zu schaffen, die an klassische Kammermusik erinnert.

Wie kaum eine andere Jazz-Combo steht Oregon eine Verschmelzung von Klängen und musikalischen Ausdrucksformen: Erdige Töne, geschmeidige Melodien und subtile Rhythmen verschmelzen zu improvisatorischen Klangbildern, die die Fantasie des Zuhörers aus vertrauten Gewässern in unbekannte Tiefen entführen. Die Musiker Ralph Towner, Paul McCandless, Collin Walcott, Glen Moore waren die erste Band, die konsequent und auf höchstem improvisatorischem Niveau indische, japanische, afrikanische, südamerikanische und europäische Elemente in eine neue, gleichberechtigte Klangsprache goss – ohne dass eine Tradition die andere nur „exotisch“ kolorierte. Paul McCandless spielt beständig Sopransaxophon und die oft übersehenen Doppelrohrblattinstrumente und Dudelsack, während Ralph Towner mühelos zwischen klassischer Gitarre und Klavier wechselt. Sie garantieren Oregons wandelbare Vielseitigkeit. Die Musiker setzten auf ungewöhnliche Kombinationen wie Glen Moores Bass und Collin Walcotts Sitar und Perkussion, was einen einzigartigen, warmen Klang erzeugte. Sie verbanden nahtlos Jazz-Improvisation mit Elementen aus Klassik, Folk, indischer Musik und experimenteller Musik, was zu einer reichen, aber kohärenten Klangsprache führte.

Statt auf schnelle Soli legte Oregon großen Wert auf komplexe Melodielinien, feine Klangtexturen und die Interaktion der Instrumente, wodurch ihre Musik zugänglicher wurde, aber tiefgründig blieb.

„In Concert“ ist das erste Live-Album von Oregon. Es dokumentiert eine Phase, in der die Combo ihren einzigartigen Stil aus Jazz, Folk, klassischer Kammermusik sowie indischen und afrikanischen Einflüssen perfektioniert hatte. Diese zeigt, dass die Musiker live lebendiger sind als im Studio. Es ist ein bemerkenswerter Live-Mitschnitt, der die einzigartige Musikalität und den experimentellen Geist der gleichnamigen Band einfängt. Die herausragenden Merkmale dieser Aufführung bestehen in einer innovativen Fusion, die Band nutzte Instrumente wie das Hackbrett, die Geige und verschiedene Holzblasinstrumente, was zu einem außergewöhnlichen Klangbild führte. Diese Vielfalt war in der Jazz- und Folkmusik eher selten. Die Musiker Ralph Towner, Paul McCandless, Collin Walcott, Glen Moore waren bekannt für ihre Improvisationsfähigkeit. In den Konzerten fügten sie oft spontan neue Melodien und Harmonien hinzu, was jedes Live-Erlebnis einzigartig machte. Neben der emotionalen Ausstrahlung hat die Musik von Oregon eine meditative und spirituelle Qualität. Dies zeigt sich in der Art und Weise, wie die Band ihre Stücke interpretiert und dem Publikum präsentiert. Die Aufnahme ist exzellent und gibt die ganze Bandbreite an Klangfarben, Rhythmen und Texturen, die sie präsentieren, eindrucksvoll wieder. Silence Of A Candle ist absolut meisterhaft, und wesentlich abstraktere Stücke unterstreichen, dass Oregons größte Stärke die Improvisation in Echtzeit war. Walcotts Einfluss auf die Gruppe wird im Konzertkontext noch deutlicher. Es gibt kaum einen Moment, in dem er die Musik nicht formt oder umgestaltet. Das Album „Oregon, in Concert“ verbindet kammermusikalische Strukturen der europäischen Klassik mit amerikanischer Jazz-Harmonik und globalen ethnischen Einflüssen. Diese Mischung schuf einen globalen Musik-Landschaft-Sound, lange bevor das Genre kommerziell definiert wurde.

Melodien statt Lautstärke.

Als Pioniere prägte Oregon den Begriff des akustischen Jazz, der sich durch seine Transparenz und die Betonung der natürlichen Klänge der Instrumente auszeichnete und eine Alternative zum damals dominanten elektrischen Fusion-Jazz darstellte. Dieses Album ist das Lehrbuchbeispiel einer Live-Aufnahme, die zeigt, wie Musik ohne Verstärkung eine enorme stilistische Breite an Farben, Rhythmen und Texturen aus aller Welt vereinen kann. „Oregon, in Concert“ gilt als ein wegweisendes Album im Bereich der Weltmusik, weil es verschiedene kulturelle und musikalische Einflüsse miteinander kombiniert und damit den Weg für viele weitere interkulturelle Projekte geebnet hat.

 

 

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Oregon, in Concert, 1975

Weiterführend Der Musikkritiker Ben Watson bezeichnet Zappas Mothers of Invention als „politisch wirksamste musikalische Kraft seit Bertolt Brecht und Kurt Weill“ wegen deren radikalem, aktuellen Bezug auf die negativen Aspekte der Massengesellschaft. So besehen war Frank Zappa neben Carla Bleys Escalator Over The Hill einer der bedeutendsten und prägendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Die Komponistin führt uns vor Ohren, dass Improvisation ein gesellschaftspolitisches Idealmodell ist. Andere Nebenwege starten mit der Graham Bond Organisation, dem Blues… und diese Abwege münden in suitenartigen Kompositionen. Musikalisch konnte man seinerzeit auch Traffic nicht genau einordnen. „Extrapolation gilt heute als eines der klassischen Alben des britischen Jazz, auf dem „Jazz und Rock paradigmatisch fusioniert“ werden.“, schrieb Ulrich Kurth. Das Album dürfte neben Hot Rats von FZ für den Beginn des Jazz-Rock stehen.Es ist eine einzigartige Fusion so vieler unterschiedlicher Stile, was die eine Hälfte der Freude ausmacht; die andere Hälfte ist das Mysterium, wie es die Combo mit den wechselnden Besetzungen von Anfang bis Ende so wunderbar hinbekommt. Wenn man bedenkt, wie frei von allen Konventionen Soft Machine aus Canterbury klang, seit sie den Titel des Cut-up-Romans von William S. Burroughs angenommen hatte, hätte der Pate ihre Hinwendung zu den sich wandelnden Jazzformen zu Beginn der 1970er Jahre wahrscheinlich begrüßt. Fast alles, woran Steve Winwood beteiligt war, hatte etwas für sich, aber in all den Jahren hatte er seine besten Momente mit Traffic, mit zeitlichem Abstand lässt sich hören, wie gut diese Musik gealtert ist. Zu hören ist auch auf „Bitches Brew“ ein kollektives Musizieren, das Miles Davis als einen Komponisten erweist, der individuelle Freiheit mit respektvollem Zuhören vereint. Aus dem schillernden Klangbild der Lounge Lizards brechen reizvolle Statements hervor. Anton Fier belebt ein groovendes Energiefeld mit abstrakter Vieldeutigkeit. Spannend sind John Luries freidenkerische Dekonstruktionen der Jazz-Strukturen; Fake Jazz erscheint plötzlich als das Eigentliche!