Künstlerische Auseinandersetzung mit der industriellen Arbeitswelt

Schreiben ist wie Bergmannsarbeit. Tief in die Stollen des Lebens eindringen muss der Schriftsteller […] Im sozialistischen Staat werden die schöpferischen Kräfte des Volkes, die unter den Bedingungen der kapitalistischen Ausbeutung verkümmern mussten und von der herrschenden Klasse unterdrückt oder abgelenkt wurden, gepflegt und gefördert. […] Greif zur Feder, Kumpel! […] Schöpfe aus der Fülle deiner Umwelt, deines Lebens.

Werner Bräunig

Die Gruppe 61 wurde am 31. März 1961 von dem Dortmunder Bibliotheksdirektor Fritz Hüser, dem Schriftsteller Max von der Grün, dem Gewerkschafter Walter Köpping und weiteren Schriftstellern gegründet. Zunächst nannte sich die literarische Gruppe Arbeitskreis für künstlerische Auseinandersetzung mit der industriellen Arbeitswelt, später benannte sie sich in Dortmunder Gruppe 61 um. Die Gruppe setzte es sich zum Ziel, schriftstellerisch tätige Arbeiter auf der einen und Lektoren, Kritiker und Journalisten auf der anderen Seite zusammenzubringen und dem Fehlen der schriftstellerischen und künstlerischen Auseinandersetzung mit der Arbeitswelt und ihren sozialen Problemen entgegenzuwirken. Der Gruppe gehörten unter anderem Josef Reding, Günter Wallraff, Angelika Mechtel, Peter-Paul Zahl, Willy Bartock und Hans K. Wehren, Wolfgang Körner an.

Eigentlich war unser unangemeldetes Go-in nichts anderes als ein kommunistischer Putschversuch“ und die Gruppe damit „auf proletarisch-revolutionäre Weise ‚umfunktioniert.

Peter Schütt

Aus der Dortmunder Gruppe 61 ging der Werkkreis Literatur der Arbeitswelt hervor. Nachdem Mitglieder wie Josef Büscher und Peter Schütt in Gelsenkirchen und Hamburg bereits Literarische Werkstätten ins Leben gerufen hatten, forderten sie gemeinsam mit Erika Runge und Erasmus Schöfer im November 1968 auf der Herbsttagung der Gruppe 61 die Einbeziehung schreibender Arbeiter. Sie fanden Unterstützung von Max von der Grün, Richard Limpert, Liselotte Rauner und Günter Wallraff. Nach heftiger Debatte wurde die Tagung abgebrochen und ein Reportagewettbewerb ausgeschrieben, dessen Gewinner von der Gruppe kooptiert wurden.

1969 gründeten einige der Opponenten eine Gruppe 70 für Literatur der Arbeitswelt in Essen, deren Sprecher und Schriftführer Schöfer wurde. Dieser beantragte auf der Tagung der Gruppe 61 am 10. Januar 1970 umfassende Programm- und Satzungsänderungen, die von der Mehrheit der Anwesenden abgelehnt wurden. Damit war der Bruch vollzogen, und die Dortmunder Gruppe 61 löste sich Anfang der 1970er Jahre auf.

 

 

***

 

Der Schreibtisch des Ruhrgebiets steht am Mannesmanufer. Bild: Archiv Mischa Kuball, Düsseldorf

Weiterführend →

Der letzte Arbeiterdichter Österreichs, vorgestellt von Peter Paul Wiplinger.
Eine Chronik der deutschen Arbeitslosen, dargelegt von Walter Benjamin.
Der politische Massenstreik und die Gewerkschaften, analysiert von Rosa Luxemburg

Post navigation