Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten analogen Galaxis

 

„Digital ist besser“ behaupteten die zum Sloganizing neigenden Tocotronics. In der taz stellte Frank Keil ein analoges Medium vor, das von Jörg Meyer kuratierte Kieler Lyriktelefon (zu erreichen unter der Festnetznummer 0431/901-1156) Hier lesen Autoren ihre Gedichte vor, und neuerdings kann man dessen Dienste man auch online nutzen. Gegründet hat es 1978 der heutige Radioredakteur Michael Augustin, mit dem Frank Keil ein leseswertes Gespräch geführt hat. Die Idee eines „Literaturtelephons“ breitete sich nach 1978 bundesweit aus. Man hörte von Kiel über Mainz bis München wöchentlich eine Autorin oder einen Autor, der Gedichte oder eine Kurzgeschichte las. Es sollte 15 Jahre dauern, bis das erste Kurzhörspiel im Literaturtelephon lief

Betreut hat diese Projekte A.J. Weigoni, er machte die Teilnehmer zu Ohryeuren.

Deutschlandfunk

In 1993 lief das erste Kurzhörspiel von A.J. Weigoni von der CD LiteraturClips im Literaturtelefon Düsseldorf. Aufgrund der positiven Resonanz schlug der Hörspielmacher dem Leiter des Literaturbüros NRW, Jens Prüss, vor, mit Autoren der Landeshauptstadt eine Reihe von Kurzhörspielen für diese Medium zu produzieren. Mit dem Mediumzentrum Rheinland fand sich der geeignete Kooperationpartner für die Produktion. Dokumentiert wurde diese Reihe auf einem gleichfalls analogen Medium, der Compact Cassette. Der Titel dieser akustischen Anthologie lautete Ohrenkanapes.

Die besten in den Hörspielworkshops von A.J. Weigoni in Schulen und Literaturhäusern entstandenen Hörspiele sind auf dieser Doppel-CD vereinigt. Sie belegen Ziel und Anspruch dieser Projekte: Pop und Kulturbegriff, Trivialmythen und Medienlandschaft ins Visier zu nehmen sowie kreative und dramaturgische Kompetenz zu entwickeln.“

hoergold

20 Jahre nach Gründung des Kieler Lyriktelefons erschien die von Weigoni edierte akustische Anthologie Ohryeure (als CD). Als ein Kunstwerk eigenen Ranges verstärkt das Hörbuch die Reize des Auditiven und Oralen, mit diesem Medium kehrt die Literatur zu ihrem Ursprung zurück. Dies ist eine Gegenbewegung zu einer mit Bildern überreich gesättigten Kultur. Die Mündlichkeit des Erzählens knüpfen an Zeiten an, als dichterische Vorträge noch «mit einer Aufführungspraxis verknüpft waren, die Barden haben ein sediertes Comeback. Der Sound einer Stimmen erzeugt eine Stimmung. Der mündliche Vortrag schafft mit der spezifischen Atmosphäre auch eine Auslegung des Gesagten, eine Interpretationshilfe. Die Stimme ist authentischer als die Schrift und das Hören ursprünglicher als das Lesen. Hörbücher fordern Zu-Hörer im emphatischen Sinn des Wortes: sensibel für stimmliche Nuancen, für Tonfall, Rhythmus, Modulation und Sprache. Ernst und Ironie verbindet sich auf dem Hörbuch Ohryeure hintergründig spielerisch.

 

 

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Das Hörbuch Ohryeure ist vergriffen, daher stehen einige Produktionen auf MetaPhon als download im Netz.

Hörbar anders

Weiterführend → 

Lesen Sie in diesem Zusammenhang auch einen Essay über das Hören. – Teilhabe ist ein Schlüsselwort unserer Zeit, sie wird viel beschworen und wenig realisiert. Auch das Hörspiel Zur Sprache bringen hat Öffentlichkeit hergestellt, es wurde auf DeutschlandRadio Kultur urgesendet, es ist auf CD erschienen und ist gleichfalls in der Reihe MetaPhon in Internet recherchierbar, man kann es dort im mp3-Format anhören.