Nachsicht

 

Du gehst mir zu schnell an den Bildern vorbei, Arthur, warum nur diese Eile?

Arthur bleibt mitten im Baselitz-Saal stehen, dreht sich, indem er alle Bilder der Reihe nach abnickt, um sich selbst, und sagt zu mir wie nebenbei: Du hast keine Augen im Kopf, du kannst nicht richtig sehen, das Sehen hat ja nichts mit der Zeit zu tun. Wenn ich mir die Bilder an den Wänden ansehe, ist es, wie wenn ich mich an die Bilder erinnere.

Der nimmt mich auf den Arm, denke ich jetzt. Gilt das, frage ich, auch für die Bilder, die dir neu sind?

Weißt du, sagt er, die neuen Bilder sind doch immer die alten Bilder, sie tragen nur neue Kleider. Ich ziehe die Bilder aus, wenn ich sie ansehe.

Ach so, sage ich, du kennst die Bilder alle schon?

Ja, ich schaue nur nach, ob sie richtig gemalt sind.

 

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Arthurgeschichten von Ulrich Bergmann. KUNO 2017.

Als intensiver Beobachter verfügte Ulrich Bergmann über die Begabung, noch die alltäglichsten Details in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken, um etwas über das Leben und die menschlichen Beziehungen zu erzählen. Ee nennt seine Kurzprosa ironisch „gedankenmusikalische Polaroidbilder zur Illustration einer heimlichen Poetik des Dialogs“. Wir präsentieren in diesem Jahr auf KUNO alle Arthurgeschichten und warnen Sie: Ähnlichkeiten mit Lebenden oder Toten oder lebenden Toten sind zufällig, rein zufällig, absichtlich zufällig, zufällig absichtlich, rein absichtlich und nichts als die reine Absicht.

Weiterführend → Lesen Sie zu den Arthurgeschichten den Essay von Holger Benkel. – Eine Einführung in Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier.