Kosmologie

 

Milliarden Jahre weiter:

Die Sonne ausgebrannt und wir verschwunden.

Alles hat seine Zeit.

Sagen die Physiker und die Heiligen,

je nachdem.

 

Was die Naturkonstanten angeht,

Elementarladung, Leptonenmasse, Planckzeit …

perfekt: wären ihre Werte nur ein bißchen

größer/kleiner gäbe es uns nicht.

(Keine Schwertwale, Leoparden, Anemonen).

 

HALLO! Hast du‘s verstanden: wir wären nicht da.

Keiner wäre da, der „Hallo!“ sagen,

sich darüber wundern könnte, daß er „Hallo!“ sagen

und beinahe verstehen kann, was das ist:

Feinstrukturkonstante zum Beispiel,

und wie alles zusammenhängt.

 

Zuviel Zufall, sagen die Physiker.

Richtig, sagt Dr.Smolin und hat eine Idee:

Wie wär‘s denn mit einem MULTIVERSUM,

(Prinzip der Fülle, Platon), in dem eins, nur eins

unter unendlich vielen Universen

(sagen wir: 1 Blase in einem brodelnden Sumpf)

grade die richtigen Eigenschaften hat,

die uns entstehen und gedeihen ließen –

 

Alle möglichen Werte der Naturkonstanten usw,

vielleicht ganz andre Naturkonstanten usw,

vielleicht gar keine usw in all

den andren Universen.

In denen es uns nicht geben kann,

von denen wir nichts wissen,

in die wir nie hineinkommen,

die nicht mal Wurmlöcher haben. Das

mit den Wolken am Himmel

und der Arbeiterwohlfahrt – das ist deins.

 

Und darin sitzt du. Mal auf Job-,

mal auf Sinnsuche. Immer ratlos.

 

Da sind zuviel Antinomien, das ist zu bizarr…

 

für das kleine Gehirn, das auch wieder

so eine Seltsamkeit ist: elektrisches Fleisch,

und dem, während du zusiehst, plötzlich beim Denken

ganz kalt wird vor Angst –

 

LASS‘ GUT SEIN. GEH‘ SCHWIMMEN.

 

 

***

Der Lyriker, Essayist und Aphoristiker Maximilian Zander veröffentlichte seit Mitte der 1990er-Jahre Gedichte und Aphorismen. Seine lakonischen (immer wieder auch metalyrischen) Gedichte, die u. a. in Literaturzeitschriften wie ndl, Muschelhaufen, Faltblatt und Anthologien wie Axel Kutsch, Versnetze (2005) oder Theo Breuer, NordWestSüdOst (2003) sowie in bislang vier Gedichtbänden erschienen, setzen sich auf ironisch-distanzierte Art und Weise mit Alltag und Gesellschaft aus der Sicht eines welterfahrenen Menschen auseinander.

Weiterführend → Lesen Sie auch seinen Essay über Lyrik.

 Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.