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Zuerst sind so Menschen in die Zeit hinein gestreut

und haben Bindehäute zwischen den Händen

und glätten einander die Gesichter

und ihre Finger umstricken einander  sind Halteseile

und sie hören den lispelnden Himmeln zu

und entsteigen dem Schweigen manchmal

und machen sich auf am Morgen

und wissen: Als außen und innen sind sie ineinander verklammert

und die Jungen ziehen den Alten die Jalousien ihrer laschen Haut zu

und wohnen in den Falten der Alten

und die Menschen legen ihre Ritzen ineinander und legen sich gegenseitig schlafen

und der Atem des einen ist die Schaukel des Anderen

und sie wissen  dass die Toten sich auffächern in ihnen

und sie spielen miteinander Vater Mutter Kind

und sie wechseln die Rollen

und sie rollen über die Hügel der Momente

und sie takten einander die Zeit

und sie schlüpfen in die Stillen

und die Lichter gelieren ihnen die Haare

und sie wissen nichts anders als das: Gestuft sein

Sie fallen zwischen die Spalten der Zeit

und sie haben immer die Engels Segel im Kopf  diese schrecklichen Schatten

und sie wissen: Gestern hat die Stadt gesungen

und morgen wird wieder Mittagessen sein

und wenn die Nacht herankriecht  ist der Schlaf eine Koje

und sie geben einander Wörter:

Ehrenwörter  Sonnenwörter

gebogene und gebongte

bunte  bucklige  gestrickte Wörter

und karo gemusterte Wörter

gemolkene und milchige

zum Frühstück schenken sie einander Lispel Gras und andere Wucherungen

und das Aufknacken der Momente ist nicht mühsam

und die Drehleier der Gedanken wird ausgelacht

so sind diese Menschen in eine Zeit hinein gestreut  die leuchtet

 

***

Im Monat der Seidenraupe, eine lyrische Entpuppung von Sophie Reyer, Kulturnotizen 2016

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Ein Porträt von Sophie Reyer findet sich hier. In ihrem preisgekrönten Essay Referenzuniversum geht sie der Frage nach, wie das Schreiben durch das schreibende Analysieren gebrochen wird. Vertiefend zur Lektüre empfohlen, das Kollegengespräch :2= Verweisungszeichen zur Twitteratur von Sophie Reyer und A.J. Weigoni zum Projekt Wortspielhalle. Hören kann man einen Auszug aus der Wortspielhalle in der Reihe MetaPhon.

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