Heute ist Indiebookday

Alle Jahre wieder und nicht nur zur Weihnachtszeit werden Leser aufgefordert ein Buch eines unabhängigen Indiependent-Verlags zu kaufen. Darüber hinaus werden sie gebeten ein Photo des Covers in einem sozialen Netzwerk unter dem Stichwort (Hashtag) „Indiebookday“ zu posten. Der Tag der konzernunabhängigen Verlage findet in diesem Jahr bereits zum dritten Mal statt, erst in den Geschäften (oder wahlweise E-Book-Stores) und später dann im Netz. Eine Liste mit typischen Eigenschaften unabhängiger Verlage erstellte die Kurt-Wolff-Stiftung, die seit 2000 „die vielfältige Verlags- und Literaturszene“ fördert und alljährlich auf der Leipziger Buchmesse einen hoch dotierten Haupt- sowie einen Förderpreis vergibt. Zum Hintergrund dieser Aktion sagen die Veranstalter: „Es gibt viele kleine tolle Verlage, die mit viel Herzblut und Leidenschaft schöne Bücher machen. Aber nicht immer finden die Bücher ihren Weg zu den Lesern. Der Indiebookday kann da für ein bisschen Aufmerksamkeit sorgen.“

Dazu empfehle ich Peter Meilchens Roman Schimpfen, der in einer Auflage von 111 Exemplaren erschienen ist. Dieser Roman ist ein Spiel, bei dem künstlerische Positionen befragt werden. Die Figuren realisieren im Dialog, daß für sie die Auseinandersetzung mit dem, was Kustoden als moderne Kunst bezeichnen, stets über das Bildermachen hinausgeht; ja das Bemühen um eine Lebenshaltung ist, die auch im Erleben des Lebens Erkenntnisse und Erfahrungen sammelt, dies fließt in die Praxis der Kunst ein und zeigt sich in diesem Erzählstück als suchendes Gespräch unter alten Freunden. Aus dem Zwiegespräch der Protagonisten wird der Dialog mit dem Leser.

Zum Köbes

Rückzugsraum in der rheinischen Bucht, nicht nur zu Karneval. Wenn Meilchen flanierte, begegnete ihm ein Übermaß an Welt. Das mußte er bewältigen – mit Sprache, mit Sätzen und Satzfragmenten, in denen die Welt weiter mäandert, vibriert und manchmal auch herausbrüllt. Er porträtierte in seinem Werk eine untergehende Welt – und überwand sie. Opulenz, Würde und Gesellschaftsanalyse verband er wie kein anderer. Meilchen hat der deutschsprachigen Literatur mit Schimpfen etwas gegeben, was sie bitter nötig hat: Sanftheit, Poesie, Selbstironie; Leichtigkeit und Understatement.

Dieser Roman lebt von seiner Verortung im Rheinland, der Text kommt jedoch völlig ohne weinseelige Rheinromantik aus. Sollten wir abgeklärten Leser Romantik als Autonomie des Imaginären verstehen, dann handelt es sich bei Schimpfen durchaus um eine romantischen Prosa, die sich aus der Spannung zwischen Realität und Imagination, Besitzen und Begehren ergibt. Es ist ein Text ohne Gedächtnis, allein von Erinnerungen an Bilder, Gerüche, Gefühle getragen und auf der Suche nach einer zu erzählenden Geschichte. Wer von seinem Leben erzählt, erzählt immer eine Erfolgsgeschichte. Wer erzählt, lebt.

Peter Meilchen ist ein Frühverlorener, seine Biografie endet nicht mit dem Tod, er lebt weiter – durch sein Werk.

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Schimpfen, von Peter Meilchen, Edition Das Labor, Linz, Neheim, Mülheim an der Ruhr 2013 – Der Erstauflage ist limitiert und mit einem Stempel versehen. Da Freunde und Förderer sich bereits im Vorfeld ihr Exemplar gesichert habe, rät KUNO nicht zu zögern und sich diese Preziose zu sichern.

Weitere Werke sind erhältlich über die Edition Das Labor.

In einem Nachruf denke ich über Peter Meilchens Arbeit nach.