Alphabetikon

 

Die künstlerische Aneignung des Alphabets als Ursprung unserer Sprache und unseren abendländischen Denkens, der Siebenmeilensprung zwischen Alpha und Omega – ein gewagter Entwurf. Dass sich Haimo Hieronymus das Alphabet vornimmt, es bebildernd beispielhaft lexikalisch durchexerziert, ist konsequente (Weiter-)Entwicklung seines gattungsübergreifenden Arbeitens. Sprache, Wörter, Buchstaben finden sich seit vielen Jahren auf seinen Leinwänden, Pappen und Papieren. Die Graphik bot sich stets an, doch drängte sich das abstrakte Zeichensystem Sprache selbst in Großformatiges, Enkaustisches oder als Störfaktor Kritzelei in Öl.

Das Alphabetikon ist nun die Fortführung des Künstlerbuchs mit anderen Mitteln: Als Bilderlexikon, als motivische Reflexion, Mäandern in der scheinbar willkürlichen Aufzählung, frei nach Borges. Stellenweise meint man eine künstlerisch-selbstreferentielle Auswahl zu bemerken, anderswo dann wieder einen zeit- und raumübergreifenden Universalitätsanspruch. Im Alpha und im Omega ist beides enthalten – das eine im anderen und umgekehrt. Zu wörtlich nehmen darf man das Titelwort dann aber nicht – finden sich doch auf den Leinwänden nicht griechische, sondern lateinische Buchstaben. Deutsche Wörter formend. Deren Wurzeln wir uns erst beim Reflektieren dieser scheinbaren Ungereimtheiten gewahr werden – auch hier fließt das eine in das andere über. Enzyklopädisch-sklavische Systematik ist Hieronymus dabei fremd – es geht um das Erleben und Neubeleben von Sprache durch Bilder.

Und unübersehbar sind sie, diese Bilder. Bunter, poppiger, plakativer als vieles Bisherige aus dem Hause Hieronymus. Das mag anfangs irritieren, dann aber folgerichtig auf den Lesepfad der Popkultur führen. Haimo Hieronymus’ semiotische Doppelbödigkeit spielt gewohnte Seh- und Leseerwartungen gegeneinander aus und unterwandert damit gekonnt illustrative Untiefen. Ein Drahtseilakt zwischen Imagination und Illustration.

 

 

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Alphabetikon, aktuelle Arbeiten von Haimo Hieronymus in der Werkstattgalerie Der Bogen (Möhnestr. 58 / 59757 Neheim bei Arnsberg). Dauer der Ausstellung 19. Januar – 7. Februar 2014.

Die Künstlerbücher Unbehaust, Faszikel und Idole sind ebenso wie die Neuerscheinung Etwa 40 % Prozent erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0157 889 239 67

Weiterführend → Zum Thema Künstlerbücher finden Sie hier einen Essay sowie einen Artikel von J.C. Albers. Vertiefend auch das Kollegengespräch mit Haimo Hieronymus.

Die Künstlerbucher sind erhältlich über die Werkstattgalerie Der Bogen, Tel. 0173 7276421