KSK: Wer zuwenig verdient, fliegt raus!

Künstlersozialkasse. Wie das schon klingt. So wie sozial. Naja. Eher wie das Wort mit einem kleinen a davor. Oder? Da ist die Abkürzung KSK fast schon wertneutral. Klingt wie eine Versicherung oder eine Bank.

Als Altkanzler Helmut Schmidt 1983 diese Institution zumindest als „möglich“ in den Raum stellte, hatte er, der große Wirtschafts-Macher, eine Vision: All die Kunstschaffenden, die Schriftsteller, die Maler, die Theaterleute, die Musiker, die frank und frei dem deutschen Wirtschaftswunder oft sehr verwundert ausgeliefert sind, eine gewisse Daseinsberechtigung in Form eines Quasi-Arbeitgebers zu beschaffen, der zumindest die Krankenversicherung bezahlt und auch ein Scherfflein zur Rente beisteuert.

Eine wahrhaft soziale Idee, denn die finanzielle Situation der „freien“ Künstler war seinerzeit genau so bescheiden wie heute. Naja: Eher damals noch besser. Heute muss der Maler Galerien mit der Lupe suchen, die für seine Ausstellung einen Vorschuss locker machen.

Apropos: Das gab´s auch mal für Autoren. Soll es gelegentlich auch heute noch geben für Leute mit bekanntem Namen, die Krimis schreiben (mit mindestens 45 Morden, Tatort Mallorca und multisexuellem Hintergrund) oder Günter Grass heißen oder so ähnlich.

Für alle anderen gilt der Grundsatz: Wer weniger Honorar verlangt, bekommt zuerst den Knebelvertrag. 5 Prozent vom “Nettoverkaufspreis“ ist die Regel. Also: 30 Euro kostet das Buch. Wer jetzt 1,50 Euro erwartet, ist auf dem Holzweg. 50 % gehen im Durchschnitt für den Verkauf an Grossisten drauf. Also ist der Nettoverkaufspreis 0,75 Euro. Wenn überhaupt. Und davon müssen noch Steuern gezahlt werden. Und bei Taschenbüchern? Brrr…

Was hat das mit der KSK zu tun? Gut, ich schweife ab. So sozial diese „Kasse“ grundsätzlich ist, so unsozial zeigt sie sich, wenn es um das Gros der Künstler geht – die, sagen wir mal, eher minderbemittelt sind. Die sich keine Villen und Privatflugzeuge leisten können. Die, mal ehrlich, froh sein können, wenn sie überhaupt eine Mietwohnung in eher düsteren Vierteln bekommen. Denn 3900 Euro pro Jahr möchte die KSK schon auf der Finanzabrechnung sehen, damit sie einen Künstler bei sich aufnimmt bzw. bei sich behält.

Mal keine Ausstellung in einem Jahr, mal kein einziges Engagement am Theater oder beim Film oder Fernsehen, mal kein Buch bei einem Verlag: So ein Pech aber auch. Denn die KSK macht Stichproben bei ihren Mitgliedern. Und sollte so ein armes Künstlerlein in den letzten drei Jahren zweimal diese bösen 3900 Euro Jahreseinkommen unterschritten haben, kommt sofort ein eifriger Brief eines noch eifrigeren KSK-Mitarbeiters: „Leider müssen wir Sie deshalb aus der Künstersozialkasse ausschließen“.

Das heißt auf gut Deutsch: „Scheiß-Künstler, geh zum Arbeitsamt oder um die Ecke und erschieß Dich!“ Wer zu wenig verdient, verdient es nicht, in einer sozialen Institution zu sein! Ist ja auch wahr. So eine Frechheit, einfach zu wenig zu verdienen!

Ich sehe Altkanzler Helmut Schmidt vor meinem geistigen Auge, wie er im Schaukelstuhl eine seiner beliebten Glimmstengel anzündet und wie sich seine Idee ganz einfach in Rauch auflöst…

 

 

 

Weiterführend →

Ein ausführliches Autorenporträt von Peter Ettl lesen Sie hier.