Vom Erhabenen zum Grotesken

„Das eigentliche Vergnügen an der Arbeit des Schriftstellers“, erklärte der amerikanische Autor Walker Percy, „sind die Kontraste zwischen dem Schreiben als Möglichkeit, das Leben zu ordnen, und der darin berichteten alltäglichen Unordnung“. Solche Kontraste sind auch im Werk des Olaf von der Heydt sichtbar. In seinem Roman, »Die Mission«, läßt von der Heydt den Kommissar Holger Heinick allmählich den Bezug zur Wirklichkeit verlieren. Er kommuniziert, im abgeschnittenen Infinitiv der Sprechblasen von Comics zu können, weil diese Redeform die eheste Gegenwart ist. Man fragt sich ob man Zeitgeschichte auch in dem Sinn verstehen lasse, daß Zeit übereinandergeschichtet wird. Um das Gewicht dieser geschichteten Zeit aus halten zu können, würden selbst Comic–Superhelden die Mundwinkel vor Weltekel nach unten hängen. Olaf von der Heydt beschreibt in nüchternen Sätzen, emotionslos und klar, wie das Leben dieses Kommissars aus den Fugen gerät. Es ist eine satirische Mischung aus Kriminalroman, Agententhriller und Science–Fiction–Story, die irrwitzige Antworten auf die Fragen nach Gott, dem Universum und allem gibt. Die Germanistik, die lieber gute Literatur von guten Menschen behandelt, verachtet SF–Literatur und übernimmt diese Wertung, die sich auch ohne weiteres mit einschlägigen Titeln belegen läßt.

Olaf von der Heydt gehört zu der Generation „Kassettenkinder“, einem Kulturphänomen der alten BRD. Diese analoge Abspielmöglichkeit auf Magnettonband begleitete Kinder durch die 1980er Jahr, wodurch eine spezielle Form von Hörspielkollektivgedächtnis entstanden ist, aus dem sich ein sentimentaler Retro-Kult speist. Die Hörspielhelden der Kindheit scheinbar sind viel tiefer im Gedächtnis dieser Kids verankert, als es Protagonisten aus Büchern, Filmen oder gar aus dem Radio je sein könnten. Da Kinder ihre Lieblingskassetten wieder und immer wieder anhören, kennen sie die Geschichten Wort für Wort auswendig. Und dies  meistenfalls auch für  den Rest ihres Erwachsenenlebens. Vor daher erscheint es „normal“, daß Menschen über 30 sich „Fünf Freunde“-, „Drei ???“- oder „TKKG“-Abenteuer auch weiterhin anhören.

Inzwischen hat er auch selber Hörspiele geschrieben.

 

 

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Kassettentäter ist der Überbegriff für eine Vielzahl von Veröffentlichungen die Ende der 1970er und vor allem in den 1980er Jahren in Deutschland erschienen sind. Gemeinsam war den Veröffentlichungen der Tonträger Kassette. Lesen Sie dazu auch den einführenden Essay aus dem KUNO-Archiv.

Home Taping Is Killing Music war eine Kampagne der British Phonographic Industry. Der Slogan war meist als Aufkleber auf Plattencovern zu finden.

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Laut Deutschlandfunk sind Tapes „Hipper als Vinyl“. Herr Nipp erhebt Einspruch, 1986 wurden zum ersten Mal mehr CDs als Schallplatten gekauft. Nun hat Vinyl die CD wieder überholt. Die Redaktion läßt nach diesem Pro auch ein Contra zu Wort kommen.