Bonn, 8.9. La Fontana

 

Lieber Herr Jo,

je länger ich Voltaire lese, umso lieber wird er mir. Sein J’accuse im „Candide“ ist ja eher ein Je demande. Wenn er über die Unvollkommenheit der Welt klagt, über schlechte und böse Menschen, ihre Schwächen und Grausamkeiten oder katastrophale Naturgewalten, so fordert er das Gute, das Vertrauen unter den Menschen, gegenseitige Hilfe und Liebe. Voltaires satirisch zugespitzter Realismus im Gewand des Schelmenromans verlangt als Grundlage unseres Zusammenlebens Wissen und Sorgfalt. – Kann Schönheit die Welt retten, fragen Sie. Ja, sage ich, Schönheit als Wahrhaftigkeit, nicht aber als unverbildete Naivität. Diese Anstrengung gelingt nur mit effizienter Dialektik. … „Bravo, Signor Damonte! Bravo!“ Wer spricht da …? Ich schaue hinauf zum Balkon, er ist leer …

 

 

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Pirandello-Geschichten, von Ulrich Bergmann + Selbstporträts, Damonte, Bonn 2021

Weimar ist nicht Bonn

Weiterführend →

Auch in seinem Projekt Pirandellos nutzt Ulrich Bergmann das Postkartenformat. Mit seinen „Correspondenzkarten“ verschafft er den Lesern das Vergnügen von spezieller Twitteratur. Es ist eine bildungsbürgerliche Kurzprosa mit gleichsam eingebauter Kommentarspaltenfunktion, bei der Kurztexte aus dem Zyklus Kritische Körper, und auch aus der losen Reihe mit dem Titel Splitter, nicht einmal Fragmente aufploppen. – Eine Einführung in Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier. Lesen Sie auf KUNO zu den Arthurgeschichten auch den Essay von Holger Benkel, sowie seinen Essay zum Zyklus Kritische Körper.