Bonn, 11.6.

 

Lieber Herr Jo,

Sie ahnen gar nicht, wie es mich schmerzt, wenn sein Balkon leer bleibt. Seit Tagen sehe ich Pirandello nicht mehr. Er ist vielleicht verreist, vielleicht hat er aber auch den Dialog mit mir beendet. Ich weiß es nicht. Auferstehung, sagt er, … täglich! Das ist ja Arbeit ohne Ende. Das ist mir zu anstrengend. Da bleibe ich lieber tot. Als Toter lebte ich bisher recht gut. Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich tot war. Wenn ich nicht merke, dass ich tot bin, dann lebe ich doch. Oder sehen Sie das anders? Bitte sagen Sie mir klipp und klar, ob Sie auf Pirandellos Seite stehen oder auf meiner! Bitte, seien Sie sich nicht zu schade, mit einem Toten zu reden.

 

 

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Pirandello-Geschichten, von Ulrich Bergmann + Selbstporträts, Damonte, Bonn 2021

Weimar ist nicht Bonn

Weiterführend →

Auch in seinem Projekt Pirandellos nutzt Ulrich Bergmann das Postkartenformat. Mit seinen „Correspondenzkarten“ verschafft er den Lesern das Vergnügen von spezieller Twitteratur. Es ist eine bildungsbürgerliche Kurzprosa mit gleichsam eingebauter Kommentarspaltenfunktion, bei der Kurztexte aus dem Zyklus Kritische Körper, und auch aus der losen Reihe mit dem Titel Splitter, nicht einmal Fragmente aufploppen. – Eine Einführung in Schlangegeschichten von Ulrich Bergmann finden Sie hier. Lesen Sie auf KUNO zu den Arthurgeschichten auch den Essay von Holger Benkel, sowie seinen Essay zum Zyklus Kritische Körper.