KLEINES LIED FÜR ANNETTE HUMPE

 

niemand hält den zug

dieser zeit noch an

dem es nicht genug

werfe sich voran

 

nimm die brillen ab

laß es durch dich gehen

tritt die treppen ab

bald wird rauch hier stehn

 

lösch dein aufgesicht

bunker und gebein

wenig war es nicht

wird dein letztes sein

 

nimm die blicke mit

eh du kälter bist

mauer laß im kitt

die manch kind vergißt

 

laß das bäumen sein

zeit war groß und knapp

nichts wird davon klein

gehst du leicht hinab

 

keiner hält den zug

wüßt er auch den plan

weite war genug

wächt mal zu die bahn

 

laß das leben ab

was gibt hier noch halt

rot ist blut wie krapp

keinem war nicht halt

 

löse nicht den blick

gibt nicht haut noch haar

spiel den rest vom gig

mehr wird sein als war

 

dieser geisterzug

geistert dir im hirn

gibt’s noch nicht genug

hämmer vor die stirn

 

 

 

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Rohlieder I – X von HEL, KUNO 2018

HEL ist bekannt geworden als Publizist gesellschaftskritischer Lyrik sowie Essays. Nach dem Zyklus Zeitgefährten, die zwischen 1977 – 2008 entstanden sind, veröffentlicht KUNO die Reihe Rohlieder I – X, die dank Caroline Hartge neu ediert worden sind. Diese Gedichte legen eine Stimmung frei, die zwischen Melancholie und Unbeschwertheit, Wehmut und Klarheit wechselt.

Weiterführend →

Eine Würdigung von HEL findet sich hier. Ein faszinierend langer Briefwechsel zwischen Ulrich Bergmann und HEL findet sich hier. Eine Hörprobe des Autors findet sich auf MetaPhon.