Nahtstellen – Wege zum Fragment 1977-2017

Das Fragment – geheime Kontinuität des Offenen, Ankunft und Präsenz allen Kunsttuns, dessen Angebot zum Unterwegsbleiben. Aller Anfang ist Zeremonie und – Fragment.

Angelika Janz

Das literarische Werk von Angelika Janz reicht von Prosa über Lyrik bis hin zu zahlreichen Fragmenttexten. Diese entstehen, indem ein ausgeschnittener Textkern an seinen Rändern ergänzt wird. Durch Schreibmaschine, Stempel oder Letra-Set entsteht ein neuer Text, der sich mit der komplexen Ereignis-, Ding- und Sprachwelt facettenreich und hintergründig auseinandersetzt. Die Ausstellung zeigt in einer Werkschau Bildtextarbeiten, Collagen, Fragmenttexte und Papierschnitte von Angelika Janz aus den Jahren 1977-2017.

Die Methode der Dichterin Angelika Janz postuliert das Einfügen von Fremdelementen wie Bilder, Fotos, Textausschnitte jeglicher Art in einen Ursprungstext oder gar die Textgenerierung aus -zunächst – diffusen Text- und Bildelementen allein.


Die Formalästhetik des Text-Bild-Fragmentes ist eine dreifache:

1. Das Fragment ist der Mosaikstein eines gewesenen Ganzen.

2. Es ist ein Autorkonstrukt, welches augenscheinlich auf ein Ganzes weist.

3. Es ist eine Erwartungshaltung bzgl. eines Zukommenden.

Den Kunstreiz birgt die Möglichkeit der Zusammenschau von Vergangenheit in Form gewesener Unversehrtheit des Ursprungsmaterials bis in eine zukünftige utopische Daseinskonzeption hinein; beides verkörpert in der Präsenz des Kunstwerkes. Dieses konjunktivistischste Vorhaben wird durch einen regelrechten „Evokationspluralismus“ realisiert: Die Bildelemente, die Angelika Janz in ihren Texten verwendet, werden durch ihre Verunkenntlichung derart verfremdet, daß durch den Drang der Rezipienten zur Monosemierung ein bedeutungsmäßiger „Vielmehrwert“ entsteht, da so viele Umwege begangen werden wie es verschiedene Einstellungen zu und Erfahrungen mit Texten gibt. Das Fragment ist somit Anfang aller Förmlichkeit, die wiederum eine Erweiterung fordert (genauso wie der Inhalt, den sie verkörpert). Das Verfahren scheint im Spekulativen zu schweben, jedoch bedeutet es lediglich die Pflicht zum Offenhalten von Kunstsprache; der vorläufige mögliche Abschluß wird durch die Rezipienten besorgt.

 

 

***

Doppelausstellung des Künstlerpaares Angelika Janz und Dieter Eidmann in Greifswald: Zeitgleich zeigt das Soziokulturelle Zentrum St. Spiritus die Ausstellung
Dieter Eidmann (1940-2017): Asketische Fülle
Bildräume – Gouachen – Kalligrafie – Archiskulptur – Plastik – Fotografie
Dieter Eidmann ist am 27. Mai 2017 verstorben.

Beide Ausstellungen sind bis zum 28.09.2017 zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Öffnungszeiten im Koeppenhaus Di-Sa 14-18 Uhr
Öffnungszeiten im St. Spiritus Mo-Fr 12-17 Uhr

Weiterführend →

Lesen Sie auch das Kollegengespräch, das A.J. Weigoni mit Angelika Janz über den Zyklus fern, fern geführt hat. Vertiefend ein Porträt über ihre interdisziplinäre Tätigkeit, sowie einen Essay der Fragmenttexterin. Ebenfalls im KUNO-Archiv: Jan Kuhlbrodt mit einer Annäherung an die visuellen Arbeiten von Angelika Janz. Und nicht zuletzt, Michael Gratz über Angelika Janz‘ tEXt bILd

Post navigation