Haarpracht

 

Es gibt immer wieder einmal Tage oder eine Folge von Tagen, da geht nach und nach alles kaputt. Vielleicht beginnt eines mit einer netten kleinen Delle, die man nach dem Besuch eines Supermarktes am eigenen Wagen entdeckt. Aber dabei wird es erfahrungsgemäß natürlich nicht bleiben: Da will man ein Foto machen, einfach nur knipsen, ohne irgendwelchen gehobenen Anspruch die von der Sonne unterseits beleuchteten Wolken aus dem Ostfenster ablichten und plötzlich macht das digitale Fotografiergerät schlapp.

Nur noch Fotos mit einem grauen Balken in der Mitte, weil irgendein Teil des Verschlusses sich gelöst hat. Also keine Fotos machen, schade eigentlich, man tröstet sich damit, dass vielleicht nächstes oder übernächstes Jahr auch mal wieder so eine Situation gegeben sein wird. Also schreitet Herr Nipp einige Schritte über den rotbraunen Kirschholzboden zurück zur Musikanlage, lässt aus Versehen den auf Kante stehenden Teller aus den Augen. Stößt ihn wahrlich nur kurz an und er gleitet zu Boden, kantet sich noch kurz am Stuhl und zerschellt unten angekommen in hundert, nein, so viele sind es nicht, Teile. Egal jetzt, Scherben bringen doch angeblich Glück. Die Anlage gibt keinen Ton von sich, wieso auch, der Verstärker zeigt mit fehlendem Licht auch keine Aktivierung. Kein Ton, nichts. Halbverzweifelt zum Rechner, vielleicht wird sich dort Trost finden, hoffentlich. Internet an und schon kann er seinen geliebten Nick Cave hören, den Meister, ein Youtube-Medley. Und vor allem THE SHIP SONG. Nur bei der Zeile „and let your hair hang down“ und Herrn Nipps Gedanken an frühere Haarpracht, da könnte er schon wieder hart verzweifeln.

 

 

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