Vergeltung

 

Hab hinter deinem trüben Grimm geschmachtet,

Und der Tod hat in meiner Seele genachtet

Und fraß meine Lenze.

Da kam ein Augenblick,

Ein spielender, jauchzender Augenblick

Und tanzte mit mir ins Leben zurück

Bis zur Grenze.

Aber das Netz meiner Augen zerriß

Vom plötzlichen Lichtglanz.

Wie soll ich nun die Goldzeiten auffangen!

Meine Seele die Goldlüfte einsaugen!

Der Tod hat sich fest an mein Leben gehangen,

Ich fühle immer stilleres Vergessen. ….

Himmelszeichen künden Unheil an im Westen,

In der Sackgasse brütet Frucht ein Nebelbaum

Und winkt mir heimlich mit den Schattenästen –

Ja! Meine Seele soll Beklemmnis von ihm essen!

Und ein Alp auf dir liegen nachts im Traum.

 

 

 

 

***

Else Lasker-Schüler aka Prinz Yussuf (1912)

„Die größte Lyrikerin, die Deutschland je hatte“, sagte Gottfried Benn über Else Lasker-Schüler. Sie bewegte sich wie eine Märchenfigur durch Berlin und fiel mit ihrer exzentrischen Erscheinung auf.
Else Lasker-Schüler wurde geboren am 11. Februar 1869 in Elberfeld. Sie starb am 22.1.1945 in Jerusalem.

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KUNO würdigte die Poetin mit einem Rezensionsessay. Poesie zählt für die Kulturnotizen weiterhin zu den wichtigsten identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.

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