ERFÜLLUNG

 

Was tun? Du Ranke! Danken!
Dir und der Stunde danken.
Das Glück gibt Demut: Fleisch und Brot
Und Wein — und Tod!

Als hätte ich Sehnsucht gelitten,
Machst du mich traurig.
O Gott, die traute Stunde
Verrät mir, wie böse mein Stolz war.

Glück gibt uns Demut: Fleisch und Brot,
Wein, Weib: von Gott kommt Stolz und Tod!
Was tun? Man darf nur danken
Dir und der frohen Stunde.

 

 

 

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Unser täglich Gift, Gedichte von Otfried Krzyzanowski. Kurt Wolff-Verlag, Leipzig 1919

Cover der vergriffenen Originalausgabe

Otfried Krzyzanowskibrach 1910 das Studium ab und widmete sich der Literatur und der Bohème. Er verweigerte sich der bürgerlichen Lebensform. Ab 1912 erschienen in Zeitschriften einige wenige Gedichte und Prosaskizzen, die dem Expressionismus zuzurechnen sind. Er lebte zu in Not und Armut. Seine Gönner fand er in den Kaffeehäusern, besonders im Café Central im Kreis um Franz Blei und Franz Werfel. Um Soldat zu sein war Otfried Krzyzanowski zu krank, für eine bürgerliche Existenz nicht tauglich oder nicht bereit, er lebte seine radikale Bohèmeexistenz in Wiener Kaffeehäusern, las Nietzsche, erbettelte ein karges Überleben. Über den Krieg schreiben kann vielleicht nur, wer nicht mit drin steckt. Kurz nach Kriegsende blieb er dem Kaffeehaus fern, er war in einem Wiener Krankenhaus gestorben, an oder mit Hunger, Grippe oder Tbc, die Diagnose ist nicht eindeutig.

Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.