Consolatio theatri mundi

„… bringen Sie einmal Ihre ganze Rücksichtslosigkeit auf die Bühne | Ihren ganzen Weltekel Bernhard | schreiben Sie so ein Stück Welttheater | dass es das Burgtheater zerreißt | so einen richtigen grandiosen Weltscherz Bernhard | … diesen ganz großen weltumwerfenden Wurf | … schreiben Sie der Welt ein Loch in den Bauch…“

Diese Worte legt Bernhard in seinem Dramolett Claus Peymann kauft sich eine Hose und geht mit mir essen (Frankfurt/Main, 1987) dem Regisseur Peymann in den Mund.

Theatermachen heißt leben wollen – ein größenwahnsinniger Versuch in einer widerwärtigen Welt, eine Unmöglichkeit, weil sich die Welt nicht zum Theater machen lässt.

Böse schwingt mit: Das Theater macht nie wirklich Theater, das lebt; es macht kein Leben. Auch nicht das Antitheater-Theater. Überhaupt: Weltverneinung, auch das ist letztlich leben wollen, rettet nicht.

(BRUSCON Wenn wir klar denken | müssen wir uns umbringen. Th. B., Der Theatermacher).

Bernhards Stücke demonstrieren die Vergeblichkeit des Sisyphos als Künstler. Er schreibt hier über sich selbst. Jeder Weg im Leben ist schon das Ziel, weil es kein Ziel gibt. Dieser Weg ist tragisch, er führt in die Katastrophe der permanenten Lebenssinnlosigkeit. Auf diesem Weg sieht der Mensch immer komisch aus. Das Komische am Tragischen ist die Notwendigkeit diesen Weg trotzdem zu gehen. Am Ende ist das Komische selber tragisch.

Es gibt nur eine Möglichkeit die Welt zu ertragen: Der Idee, wie die Welt sein könnte, wie sie sein sollte, eine fragile Gestalt zu geben im Raum der Kunst. Das Theater ist der Versuch, die Idee sichtbar zu machen. Dieser Versuch muss scheitern, weil er die Welt braucht, wie sie ist. Die Apotheose aller Vergeblichkeiten ist das Scheitern der Ideen in der Welt – oder das Scheitern der Welt im Theater der Ideen.

Nur die Kunst rettet uns ein wenig: „Die hohe Kunst | oder der Alkoholismus | ich habe mich für die hohe Kunst entschieden“ – weil sie aus der Unerträglichkeit der Welt, in der sie schließlich auch scheitert, entsteht.

 

 

Weiterführend →

Ulrich Bergmann nennt seine Kurztexte ironisch „gedankenmusikalische Polaroidbilder zur Illustration einer heimlichen Poetik des Dialogs“. Wir präsentieren auf KUNO eine lose Reihe mit dem Titel Splitter, nicht einmal Fragmente. Lesen Sie zu seinen Arthurgeschichten den Essay von Holger Benkel. Eine Einführung in seine Schlangegeschichten finden Sie hier.