Möglichkeiten der Vermarktung IV – Werkstattgalerie

Neben den sonst in jeder mittleren Kleinstadt üblichen Ateliergemeinschaften, oft nicht aus Zuneigung zu einander entstanden, sondern aus der Notwendigkeit, gibt es auch weitergehende Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Allein ein Atelier zu mieten übersteigt meist oder zumindest oft die finanziellen wie organisatorischen Möglichkeiten des oder der Einzelnen. Also schließt man sich notgedrungen zu einer Künstlergruppe oder Ateliergemeinschaft zusammen. Da gibt es meist auch keine gemeinsamen Manifeste oder Vorstellungen, ja sogar die Schnittmengen der künstlerischen Interessen gestalten sich oft als eher inhaltsleer oder nicht vorhanden. Aber wen interessiert schon Mengenlehre, wenn es um das künstlerische Existieren geht! Oft sind es vier bis sieben Leute, die gemeinsam verlassene Räume in abgeranzten Firmengebäuden anmieten, oft noch zu viel zu hohen Gebühren. (Jeder weiß, mit Kunst lässt sich Geld verdienen. Entweder man vermietet renovierungsbedürftige Räume als Ateliers, verkauft Künstlermaterialien in großem Stil oder man wird Kunstdezernent ,vielleicht auch Kunstspekulant.) Wenn man Glück hat, dann findet sich auch ein echter Mäzen, der über Jahre hinweg gute Räume zur freien Nutzung zur Verfügung stellt.

Stellen wir uns vor, einer Kleinstadtkünstlergruppe sei dieses Glück widerfahren, nachdem jemand gefordert hatte: „Gebt uns Wände!“ Stellen wir uns weiter vor, dass diese Räume unter der Prämisse vergeben wurden, dass dort regelmäßig Ausstellungen stattfinden, dann kann tatsächlich etwas wie eine Werkstattgalerie entstehen.

Grundlage einer solchen Einrichtung sollte folgendes sein:

  1. Jedes Jahr werden verschiedene ortsfremde Künstler ausgestellt, so kann es auch zu Künstleraustauschen kommen.
  2. Die Mitglieder der Ateliergemeinschaft kümmern sich um die Werbung und Unterbringung der anderen Künstler, suchen außerdem Sponsoren, damit alles realisiert werden kann.
  3. Die Werkstattgalerie nimmt bei Verkäufen keine Beteiligung. Jeder Verkauf kommt zu hundert Prozent dem ausstellenden Künstler zugute.
  4. Jedes Jahr zum Jahresende (Totensonntag ist ein sehr guter Termin) wird eine Jahresausstellung mit allen Künstlern der gemeinschaft veranstaltet, dann kommen auch viele Besucher.
  5. Weiterhin werden in unregelmäßigen Abständen Konzerte oder Theaterabende geboten, Vorlesungen oder Performances, Poetryslams und Tanztheater. Auch Filme und weitere Ideen sind natürlich gefragt. Und sei es eine Origamivorführung.
  6. Eine gut funktionierende Werkstattgalerie kann auch auf Augenhöhe mit anderen Galerien zusammen arbeiten, ohne sich deren Forderungen völlig zu unterwerfen.
  7. Eine sehr gut agierende Gemeinschaft sollte weiterhin auch regelmäßig Kurse und eine jährliche Kulturwoche mit vielen Aktionen anbieten.

Ja, auch dies ist eine Form der Künstlerselbstvermarktung, denn auch wenn hier viel Eigenengagement gefragt ist, auch wenn der einzelne Künstler nicht seine ganze Aufmerksamkeit der eigenen Kunst widmen kann, so wird er letztlich doch profitieren, denn zunächst erwirbt er damit einen längerfristigen Anspruch auf ein eigenes Atelier. Weiterhin kann er davon ausgehen, dass sein Name zumindest lokal durch solche Aktivitäten bekannter wird und daraus folgt dann oft ein gewisses Maß an stetigen Aufträgen oder kleineren Ankäufen, denn auch die anderen wissen, dass man vom Applaus allein nicht leben kann.

Weiterführend → Zum Thema Künstlerbücher finden Sie hier einen Essay sowie einen Artikel von J.C. Albers. Lesen Sie in diesem Zusammenhang auch den Essay über den Wandel des Museums.