Die Laubenpieperin

 

Sie trägt die Bürde ihrer Jahre

in einer Schürze aus Radieschen:

grün ist der Saum, rot-schwarz die Frucht,

die ihr der Laubenpieper übern Maschendraht hinweg

am späten Abend reicht.

Die Wurzeln ranken sich um ihre Hände,

die erdig, rauchgeschwängert

den Radi dankbar akzeptieren.

 

 

 

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Die Laubenpieper. Botschaften aus dem Garten Eden von Wolfgang Schlott, Bremen 2010

In der Laubenpieperkolonie von Wolfgang Schlott findet sich Skurriles und Staunenswertes, Trauriges und Heiteres. Der Gang dieses modernen Ethnologen durch die Kleingartenkolonie beginnt mit der Urangst der Kleingärtner vorm Elektrosmog („Elektrisierte Drahtseilakte“) und endet noch lange nicht bei der Praxis der transmedialer Meditation („Sie übt seit Jahren schon die Schwerelosigkeit . . .“). Da ist von Drogen die Rede oder von „verwahrlosten Elementen“ – Schlott befördert die dunkle Seite der Kleingartenkolonien ans Tageslicht und plaudert ganz ungeniert aus deren Nähkästchen

Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.