Lyrik Kabinett

Heute übernimmt Dr. Holger Pils die Leitung der Münchner Stiftung Lyrik Kabinett, die die europaweit zweitgrößte Lyrik-Bibliothek (mit 50.000 Medien) unterhält, regelmäßig Autorenlesungen ausrichtet und Editionen vorlegt.

Dr. Pils leitet seit April 2009 das Buddenbrookhaus in Lübeck und tritt in München die Nachfolge von Dr. Maria Gazzetti an, die seit September die Casa di Goethe in Rom verantwortet. Geboren 1976, studierte Holger Pils Germanistik und Geschichte in Heidelberg und promovierte dort über Thomas Mann. Von 2005-2007 war er Pressesprecher der Kulturstiftung Hansestadt Lübeck und danach Dozent am Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg.

Die Stiftung Lyrik Kabinett richtet Lesungen und Veranstaltungen zur internationalen Lyrik aus. Etwa die Hälfte sind Autorenlesungen, die andere Hälfte bringt „lebendig gebliebene“ Autoren früherer Generationen zu Gehör. Deutsch– und anderssprachige Autoren sind in etwa zu gleichen Teilen vertreten. Die Lesungen fremdsprachiger Autoren erfolgen in der Regel immer zweisprachig. Den Lesungen geht eine kurze Einführung voraus, im Mittelpunkt steht freilich das Wort des Dichters selbst.

Der Verein der „Freunde der Stiftung Lyrik Kabinett“ fördert die von der Stifterin mit Kapital ausgestattete Stiftung bezüglich des Erwerbs, der Erhaltung und des Ausbaus von deren Sammlung nationaler und internationaler Lyrik, die als Präsenzbibliothek mit circa 45.000 Medien der Öffentlichkeit zugänglich ist. Die Bibliothek der Stiftung „Lyrik Kabinett“ ist damit die wohl größte Lyriksammlung der Bundesrepublik Deutschland. Jährlich werden etwa 1500 Lyrikbände angekauft.

Verein und Stiftung verdanken sich der privaten mäzenatischen Initiative von Ursula Haeusgen (* 1942), der Vorsitzenden der Stiftung. Ihre Schenkung eines Bestandes von Lyrik-Bänden aus aller Welt, Künstlerbüchern, seltenen Erstausgaben sowie ausgewählter Sekundär- und Referenzliteratur war Grundstock des Vereins. Nachdem eine zunächst geplante Unterbringung im Münchner Literaturhaus gescheitert war, überließ sie 1997 die Lyrik-Bibliothek als „Dauerleihgabe zur Förderung von Forschung, Lehre und Studium“ dem Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (Komparatistik) der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Nachdem Ursula Haeusgen (auf einem von der LMU zu Pachtbedingungen für 66 Jahre zur Verfügung gestellten Grundstück) 2004 ein neues Bibliotheksgebäude errichten ließ, zog das Lyrik Kabinett im Frühjahr 2005 in diese Räume um; dort finden, umgeben von Werken zeitgenössischer Kunst, auch die Veranstaltungen statt. Ursula Haeusgen stellt jährlich auch die finanziellen Mittel für Neuanschaffungen und Bibliothekspersonal zur Verfügung. Die derzeitige Geschäftsführerin des Lyrik Kabinetts ist Dr. Maria Gazzetti.

Bibliothek und Lesungen sollen es allen Interessierten ermöglichen, die Schönheit und Faszination der poetischen Sprache – der „Muttersprache des Menschengeschlechts“ (Johann Georg Hamann) – ihre vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten sowie ihr Kommunikationspotential zu entdecken, für sich fruchtbar zu machen und sich daran zu freuen.

Auf der Website des Lyrik Kabinetts kann online im Bestand der Lyrik-Bibliothek recherchiert werden und es können die Publikationen der Stiftung bestellt werden; zudem finden sich dort die Informationen über die aktuellen Veranstaltungen.

Holger Pils selbst zu seiner neuen Aufgabe: „Ich freue mich sehr darauf, in München eine Institution zu leiten, die in der deutschen Literaturlandschaft einmalig ist: gewachsen aus reiner Begeisterung und privater Initiative, ganz der Lyrik gewidmet, d.h. einer einzelnen Gattung – in ihrer unendlichen inneren Vielfalt. Ich bin gespannt auf die Programmarbeit, die internationaler und gegenwartsbezogener ist als meine bisherige Tätigkeit. Ich möchte die von Ursula Haeusgen und Maria Gazzetti gepflegten hohen Ansprüche fortsetzen. Zugleich möchte ich Wege finden, das Kabinett noch weiter zu öffnen und der Poesie eine noch stärkere Lobby zu verschaffen.“  Im Zentrum der Aufmerksamkeit soll weiterhin die Begegnung mit dem Wort des Dichters stehen: die Lesung.