Je tiefer der Fall, umso Besser!

Eines schönen Tages beschloss irgendwer, man weiß nicht mehr genau wer, dass es eine gute Idee wäre mittels flacher Unterhaltung in allen Bereichen die Nation anzufixen. Das ganze begann mit sinnfreien TV-Formaten und ist schon seit geraumer Zeit in der Welt der Literatur angekommen. Nun ja Literatur wäre dann vielleicht doch zu hoch gegriffen, bei dem Gedanken an das ein oder andere Buch, das als Bestseller diesen Begriff ad absurdum geführt hat. Vorwurf oder gar Kritik? , nein! , warum auch? , es wird geerntet, was vor langem ausgesät wurde. Ein großes Lob an die sexuelle Revolution und ihre Generation, neuester Tiefpunkt, die „Anus- und Vaginalheldin“ aus der Schweiz als Protagonistin in dem ersten und bisher einzigen verfilmten Muschibuch „Made“ in Germany. Während letztdings die eine oder andere Protagonistin zur Hure degradiert wurde beschlich mich die Frage, ob sich die Pornoindustrie diese Konkurrenz noch lange bieten lassen wird? Ernsthaft mit dem Buch in der Hand, beim wichsen im Badezimmer, soll das die Zukunft der alt ehrwürdigen Literatur sein? Werden wir es bald erleben, dass X untalentierte Autorinnen und Autoren darüber berichten, wie oder was aus ihren Geschlechtsteilen heraustropft, und braucht die Welt noch mehr literarische Nutten? – Ja sie braucht diesen „Overkill“ an freizügigen Damen!

Man bedenke nur, wie viele Artikel und Bücher geschrieben werden müssen, wenn alleine der Begriff Feminismus, der sich um diese Art der Literatur dreht wieder ins richtige Licht gerückt werden muss. Die Verlagshäuser wird’s freuen, die Drucker werden jubilieren und die Händler in den Buchhandlungen werden sich vor Lachen nass machen. Aber letztendlich geht es darum nur sekundär.

Die letzten Jahre haben mein Buchregal nicht wirklich reich an neuen Büchern werden lassen. Es steht auch ganz außer Frage, den Geschmack anderer Leute korrigieren oder gar diktieren zu wollen. Die Zeit der flachen Geschichten ist nun einmal jetzt und verlegt wird, was sich schnell verkaufen lässt. Und wenn die Allgemeinheit laut „Hurra“ schreit, warum nicht? Allerdings schrie die Branche vor geraumer Zeit „Stopp“ die Verkaufszahlen gehen enorm zurück! Ach ernsthaft, dann muss die nächste Frage doch automatisch lauten, warum? Es könnte daran liegen, dass der Voll- und Teilkostenrechner eben doch nicht darüber zu entscheiden hat, was Literatur ist und was nicht, oder?

Die „Mopsi“ und ich, wir gucken jeden Abend, nun ja ich werde dazu gezwungen, einen bestimmten Sender, da laufen dann immer die Promis und ihre Geschichten über den Bildschirm. Man darf mir glauben, der Wunsch nach Suizid kann in 15 Minuten enorm stark anwachsen.

Immer wieder einmal stellt dann ein Promi, die werden ja inzwischen in A – Z Promis unterteilt sein neuestes Buch vor. – Biographie oder Ratgeber, nennen sie ihre Werke dann.

Das erstaunliche an diesen Buchvorstellungen ist die Nebensächlichkeit, dass man zumeist schon die Frage stellt, kann der oder die das überhaupt? Besonders das Beiwerk auf dem „roten Teppich“ wirft zusätzlich eine überaus laut schreiende Frage auf, wo ist eigentlich der Stil geblieben?  Eine Dietrich oder Bergmann habe ich in den 35 Jahren meines Lebens auf einem deutschen roten Teppich bis heute noch nicht gesehen. – Schade!

Natürlich, nimmt diese Ansammlung von Blättern mit all den schwarzen Wörtern darauf jede Menge Platz im Großbuchhandel ein. Verstanden habe ich es nie, aber man darf wohl schon Fragen, ob es nicht sein kann, dass der gemeinhin als Promibonus bekannte Faktor bei der Verlegung mit Sicherheit ausschlaggebend war. Wieso einer talentierten Autorin oder Autor eine Chance geben, da müsste man ja in die Werbung investieren und Aufbauarbeit betreiben. Der Unternehmensberater würde das sofort verpönen, unnötige Ausgabe, da ist ein Star, stellt dem einen Ghostwriter beiseite und es findet sich schon ein Käufer. Fluchtartige Panikattacken sind von daher keine Seltenheit bei Sichtung diverser Promischinken im Großbuchhandel.

Es wäre schon einmal Interessant zu erfahren, wie vielen Autorinnen und Autoren, die wirklich etwas zu erzählen hätten, der „Eine“ wichtige Vertrag nicht gewährt wurde. Macht aber nichts, die Zeit der flachen Literatur wird vorübergehen, die Menschen werden sich langweilen und nach neuer „wirklich“ guter Literatur geradezu schreien. Bedenkt man wie viele „gute“ Manuskripte in der Schublade liegen und darauf warten entdeckt zu werden, dann wird es wohl keinen Mangel an zukünftigen „verdienten“ Bestsellern geben.

Ist denn die Literatur in Deutschland wirklich zum Opfer diverser BWL Studenten mit Uni Zeugnis und ihren Helfern aus Werbung und Massenbeeinflussung geworden? – Ach von wegen!

Man muss die kleine Buchhandlung suchen, wie anfänglich beschrieben habe ich nur wenige Bücher in den letzten Jahren gekauft, damit war aber der Großbuchhandel gemeint und nicht die kleine feine Buchhandlung. Die gilt es zu hegen und zu pflegen, denn sie ist die Plattform der wahren Autorinnen und Autoren. Jener Gruppe von Literaturschaffenden, die im Schatten von Muschibuch, Wanderhure, Ratgeber e.t.c ihr Dasein zu fristen haben. –

Noch!

Im Übrigen habe ich in letzter Zeit Angst davor in die Nacht hinaus zu gehen, ja soweit ist es gekommen, die Angst vor Vampiren und Wehrwölfen, die über Jahre hinweg schon durch die Welt der Literatur und Medien geistern, ist erschreckend. Ich frage mich, was wohl Bram Stoker und Mary Shelley dazu sagen würden, wenn sie ihre großartigen Romane in dieser pervertierten Vielfalt wieder entdecken würden?

Viel grotesker und beängstigender wirkte von daher jener Dialog neulich in der Münchner S-Bahn auf mich, zwischen zwei jungen Teenanger Mädchen.

Allen ernstes schlossen beide den Pakt, entweder einen Wehrwolf oder Vampir zu ehelichen. Die glühende Überzeugung, dass das wirklich geschehen würde, war von überaus lustiger und erschreckender Komik.

Selbst als ich ungefragt den Einwand brachte, dass der Vampir aber keinen Blutdruck mehr in seinem Körper haben würde, übte dies keinerlei Wirkung aus auf die Entschlossenheit des einen jungen Dinges mit Namen Mandy. Biologie Grundkurs, kein Blutdruck keine Erektion, selbst der nette ältere Herr aus der Werbung, der ständig seine Sextabletten anpreist, mit der das Rammeln wieder voll in Gange käme, würde dieser Behauptung sofort beipflichten. – Mopsi hasst diese Werbung über alles!

Das andere Mädchen grinste vergnügt über das ganze Gesicht. Sicherlich dürfte sich ihre Gedankenwelt gerade einzig und alleine um den Wehrwolf Ehemann gedreht haben. Es lag von daher für mich auf der Hand ihr von dem ständigen Problem ausgefallener Haare zu berichten, dass sie in ihrer Wunsch Ehe ereilen wird. Das würde bestimmt nich passieren, erklärte sie mir und damit war das Thema für sie beendet. – Nun was soll man da noch sagen?

Die bequeme Fiktion und die böse Realität, es heißt nicht umsonst die Wahrheit ist das unpopulärste Gut der Menschheit, jeder weiß um sie, keiner will sie. Nicht selten erhält man für eine wahrheitsgemäße Aussage jede Menge Kritik und wird gar zu tote geschrieen. Daher hält man lieber ab und dann die Klappe und lässt die Leute machen, wie sie sich das eben denken. Der Zyniker bekommt im Anschluss fast immer seine 15 Minuten ungezügelter Freude.

Fiktion, das Stichwort der Gegenwart, jede Menge fiktive Superhelden, Phantasiegeschichten, Mittelaltergeschichten bis hin zum exzessiven Wunsch nach Suizid, hin und wieder ein paar polemische Machwerke und alles ist gut. Warum laufen wir vor der Realität unserer Zeit nur so zügig und erbarmungslos davon?

Hat das Leben innerhalb unserer Gemeinschaft derart an Fahrt verloren? Verblöden wir alle am Computer bei Pornos und fiktiven Spielen und hier und da einem „Shitstorm“, weil das eben „In“ ist? – Kultureller und Intellektueller Dünnschiss?!

Ja ich bin online, ja ich bin klug, ja ich nehme an der Welt teil. Nur noch schnell die Rezension zu dem Buch X lesen, das von Waldi22 rezensiert wurde, jener Waldi22 der in diesem Jahr schon 678 Bücher kommentiert und selbstverständlich auch alle gelesen hat. – Ernsthaft?

Könnte es nicht sein, dass wir faul geworden sind, könnte es nicht sein, dass eine vielleicht gute Idee tausend Mal kopiert wird, weil sie sich einmal gut verkaufen ließ? Wird uns das erfüllen, werden wir glücklich und zufrieden sein? – Oder ätzt uns das irgendwann einfach total an?!

Welche Konsequenzen wird diese emotional geistige Zurückbildung mit sich bringen, wenn nun schon Bücher verlegt werden, die sich mit der Lust an Schmerz und der Glorifizierung der Unterwerfung beschäftigen. Werden eines Tages junge Mädchen im Teenageralter nach Schlägen zur Bestätigung ihrer erbrachten Gefühle betteln?

„Copy and Past“ in der Zukunft? Ende der Literatur so wie wir und die Alten sie noch kennen? Sehr unwahrscheinlich,

da die Tendenz zur Kopie von der Kopie in den letzten Jahren so intensiv gepflegt wurde, dass einem die Augen den Dienst verweigern. – Stichwort Vampire und Wehrwölfe.

Wie sieht das denn aus, wenn man in den so genannten gut sortierten Buchhandel geht auch bekannt als Großbuchhandel mit x Tausend Quadratmetern Verkaufsfläche?

Nun wie schon beschrieben verkauft und vor allem in den Vordergrund gestellt wird, was sich verkaufen lässt. Produziert darf somit, was unter die Rubrik „Schnelldreher“ fällt. Ist der Markt dann abgegrast wird schon wieder ein neuer Trend initiiert, hier und da platziert man ein wenig Intellektualität, aber bei weitem nicht genug.

Der Silberstreifen am Horizont ist dann aber doch schon sehr deutlich erkennbar. Die finanzielle Situation der Menschen ist nicht die Beste, der Hedonismus erschöpft sich allmählich und so wie es eben immer ist, wenn ein Allzeit Tief erreicht wurde, wird es auch hier in diesem Fall wieder einen Aufschwung geben.

Die Literatur wird sich niemals in die sinnlose Massenproduktion von Kopie zu Kopie ergeben, dass kann sie gar nicht. Die Sehnsucht in der Seele und dem Verstand des Menschen, die nach Nahrung schreien kann man nicht mit Muschibuch, endlos Krimi, banaler Trivialliteratur, ausgeleierter Fantasieheftchen Absurditäten oder dem Millionsten Ratgeber stillen.

Der Trend ist halt dann doch ne „…allways your friend…“ deshalb wächst die Summe der Menschen, die die Folter durch sinnlose TV-Formate verweigert gleichsam, wie die Summe der Leser, die sich dem verweigern, was noch nicht einmal „MÄC Schnell“ seinen Gästen vorsetzen würde.

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Dieser Essay wurde beim KUNO-Essaypreis 2013 mit einer lobenden Erwähnung bedacht. Die Begründung findet sich hier.