Schimpfen, Auszug

In der Nähe von Kunstmuseen wächst der Glaube und das Bewußtsein von Qualität offenbar selbstverständlicher als am Rande eines Heimatmuseums. Und nicht nur der Großstädter, sondern auch der großstadtqualitätsgläubige Kunstexperte auf dem Lande denkt sich bei Dada auf eben jenem Lande nur Blabla. So vermutet man in der Provinz stets jene Art von Gefälligkeitskunst, die die gedankliche Unberührtheit des Künstlers dort auf rührende Art und Weise transportiert. Das Stigma der Provinz trägt der dort tätige Künstler folglich wie ein Kainsmal, und er ist ständig bemüht, den Kittel der Provinzialität, den man ihm wie einem Bilderbuchkünstler überwirft, abzustreifen. Die Umgebung von Wiesen und Wäldern, die der Städter im Überdruß seines Stadtlebens ansonsten gerne aufsucht, scheint zu imaginieren, daß sich hier jegliches kreative Schaffen mit der Bescheidenheit eines Gänseblümchens entfaltet. Doch wir bemerkten ja bereits in einem vorherigen Absatz, daß man Provinzialität selten mit einem Ort verknüpfen könne, sondern mehr mit einer geistigen Haltung. Und diese gedankliche Bescheidenheit findet bekanntermaßen überall ihren Platz. Gerade die dem Lande und dem dort tätigen Künstler grundsätzlich angedichtete Provinzialität läßt letztendlich doch nur den Schluß zu, daß das so vorurteilsbeladene Denken selbst Spuren von dem trägt, was man gerne anderen zuweist. Aber Klischees haben nun einmal die Eigenschaft, sich beständig zu erneuern und ihre aufgeblähte Leere mit Beharrlichkeit zu behaupten. Daß auch fernab der Großstädte zeitgenössische Kunstpositionen behauptet werden, liegt daher weniger fern, als die Vermutung des Städters von dem Beweis seiner Richtigkeit. Die Künstlergruppe, der der Künstler Meinen beitrat, bewies nunmehr bildhaft diese Klischees und Vorurteile, aber zugleich auch deren Widerlegung. Was keinen verwundern dürfte. Dennoch hing das Wort Provinz und die damit verbundenen Nachteile wie ein Damoklesschwert über manchen Besprechungen. Und man war sich, verfolgte man die Kunst ernsthaft, einig im Bewußtsein, die Provinz verlassen zu müssen, da es trotz vielfältiger Bemühungen nicht möglich erschien, den Städter von seinen Vorurteilen zu befreien, allein durch die Tatsache eines Ausstellungsbesuches vor Ort. Eine Überlegung, wie mir scheint, die im Rahmen der internetverzweigten Welt immer überflüssiger zu werden scheint. Wenn der Strahl der Aufmerksamkeit einen nicht erreicht, muß man ihn von sich aus initiieren. Dies gilt auch für jeden Künstler hinsichtlich der Auffälligkeit, mit der er sich und sein Werk ins Licht des Bemerkens drängt.

 

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Schimpfen, von Peter Meilchen, Edition Das Labor, Linz, Neheim, Mülheim an der Ruhr 2013 – Der Erstauflage ist limitiert und mit einem Stempel versehen. Da Freund und Förderer sich bereits im Vorfeld ihr Exemplar gesichert habe, rät KUNO nicht zu zögern und sich diese Preziose zu sichern.

Weitere Werke sind erhältlich über die Edition Das Labor.