Und wie ich mich so entferne

 

Und wie ich mich so entferne, weiß ich schon gar nicht mehr, wo ich bin, sehe ich zu mir hinauf, oder sehe ich von oben auf mich herab, wie ich da unten stehe, so hell ins Schwarze hineingehalten, aber woher kommen die Farben, das Licht. Ich stehe über mir und müsste doch fliegen oder wenigstens schweben, so ohne Halt im Hineingehaltensein über dem Grund meiner verborgenen Angst, ich kann fallen, stürzen, meine Fallhöhe wächst, je mehr ich mich von mir entferne, egal, ob ich mich von unten oder von oben sehe. Denn unter mir und über mir ist ja der riesige nach allen Seiten geöffnete Grund der Angst, der sich mir öffnet, mit dem ich fertig werden, über den ich gehen lernen muss, den ich mir einverleiben will, den ich wieder aus mir heraus werfe, ein selbst geknüpftes Netz, in das ich aber falle, wenn ich jetzt einfach gehe, ich darf ja nicht gleich rennen und springen. Was sagen Sie da? Ich soll wieder zurück? Ich habe mich vor dem Danach verlassen, um meinen Grund zu finden, nun bin ich nach dem Davor angekommen. Ich habe das Seiende im Ganzen überstiegen, da gibt es kein Zurück mehr. Ich rede nicht vom Tod. Noch nicht. Ich sehe mir zu bei meinen Geburten.  

 

 

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Gionos Lächeln, ein Fortsetzungsroman von Ulrich Bergmann, KUNO 2022

Vieles bleibt in Gionos Lächeln offen und in der Schwebe, Lücken tun sich auf und Leerstellen, man mag darin einen lyrischen Gestus erkennen. Das Alltägliche wird bei Ulrich Bergmann zum poetischen Ereignis, immer wieder gibt es Passagen, die das Wiederlesen und Nochmallesen lohnen. Poesie ist gerade dann, wenn man sie als Sprache der Wirklichkeit ernst nimmt, kein animistisches, vitalistisches Medium, sondern eine Verlebendigungsmaschine.

Weiterführend →

Eine liebevoll spöttische Einführung zu Gionos Lächeln von Holger Benkel. Er schreib auch zu den Arthurgeschichten von Ulrich Bergmann einen Rezensionsessay. – Eine Einführung in Schlangegeschichten finden Sie hier.