Der Tucholsky der BRD

 

 

Nicht abgeholt, obwohl bestellt / Dies Gefühl heisst Bielefeld.

 

Wiglaf Droste

 

 

 

Der Tucholsky der BRD ist von uns gegangen. Wiglaf Droste verstand sich als satirischer Polemiker, was immer wieder zu Konflikten führte. Die taz entzog ihm ihre Medienseite, die Freitagskolumne auf der Satire-Seite „Die Wahrheit“ und kündigte seinen Job als Redakteur. In seinem gemeinsam mit Gerhard Henschel verfassten satirischen Krimi Der Barbier von Bebra ließ er sich über die ehemaligen DDR-Bürgerrechtler und den Umgang mit religiösen Gefühlen aus. Die Satire wurde zunächst in der taz als Fortsetzungsroman publiziert und erschien später als Buch. Darin fallen unter anderem Wolfgang Thierse, Rainer Eppelmann und Jürgen Fuchs einem Serienmörder zum Opfer. Die Ex-Bürgerrechtler Konrad Weiß und Vera Lengsfeld warfen daraufhin Droste „literarische Anleitungen zum Mord an Andersdenkenden“ vor und setzten ihn mit „Vollstreckern der Hitlerschen Mordbefehle“ und Weiß die taz mit dem Stürmer gleich. In der konservativen Wochenzeitung Welt am Sonntag riefen sie zum Boykott der Zeitung auf. Die taz unterstützte Droste und fand Sympathie unter anderem bei Peter Laudenbach von der Berliner Zeitung. Im Kontext der Auseinandersetzung wurde auch ein Text Lengsfelds mit der Überschrift Täterhumor in der taz dokumentiert. In der Zeit erschien dazu unter dem Titel Humorgewalt ein Artikel von Oliver Tolmein, der Betroffenheitswahn am Werk sah. Ende 2006 trennte Droste sich von der taz anlässlich eines Artikels über die Gesellschaft für deutsche Sprache.
Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur.