Es hängt viel davon ab,

welche Bedeutung wir dieser plötzlichen Expansion des Lichts, diesem alles überflutenden Weiß, dieser alles beherrschenden Farbe geben. Wir werden zum Beispiel sagen: dies ist der Sommer des Jahres 1970, dies ist das Weiß des Sommers des Jahres 1970, dies ist das Licht des Sommers des Jahres 1970, dies ist die Farbe des Lichts des Sommers des Jahres 1970. Wir werden eine Feststellung getroffen haben, nüchtern und distanziert, das wird nicht weh tun, das werden wir aushalten; so wird uns das Licht nicht verletzt haben. Wir werden einmal diesen Sommer zu den anderen Sommern zählen, die Weiß über uns ausgeschüttet haben und uns ersticken wollten. Wir haben den bloßen Anschein umgesetzt, dem bloßen Anscheinen auf unserer Netzhaut gewehrt mit einigen Worten aus unserer Sprache, mit einem festen, aber nicht recht greifbaren Gebilde, das wir uns als geometrisches Gebilde denken, eingesprochen in die geschwächten Funktionen unseres Körpers, in die Schichtungen unseres Hormonhaushaltes, in die Überlagerungen unserer Gefühle. Wir haben einige Worte gegen die Schwermut gesetzt, gegen den selbstmörderischen Ansturm der Farben inmitten der Weiße auf unser Gleichgewicht, inmitten der Gewichtlosigkeit der psychischen Vorgänge und der Schwere der Kraftlosigkeit des Körpers. Wir werden aufmerksam auf den gefräßigen Vogel in unserem Herzen achten und werden ihn zähmen

 

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Vom Raben was, von Arthur Breinlinger, KUNO 2018

Arthur Breinlinger versucht das Vergehen der Zeit mit den Mitteln der Kunst zu vergegenwärtigen. Er beschreibt die Komplexität angenehm schlicht, ohne sie zu reduzieren. Dieser Autor hat die Lizenz zum Fiktiven, das Ausfantasieren und Tagträumen, und sich die Freiheit genommen mit Vom Raben was in einem Zyklus von Prosakunststückchen zu erzählen. Annäherung an die Poesie ist bei ihm mehr als eine literarische Technik, es ist eine Grundbewegung des Lebens.

Weiterführend → Eine Einführung von Ulrich Bergmann zum Zyklus Vom Raben was lesen Sie hier.