Heiliger November

 

Du zuverlässiger Garant

Meiner herbstlichen Depression

Du grauer Pater missglückter Revolutionen,

Deine allzukurzen, dunklen Tage

Zwingen mich jedes Mal aufs Neue,

Mein Hiersein zu überdenken,

Wenig zwar ists, dessen ich bedarf,

Doch geht auch das Wenige weit hinaus

Über meine Möglichkeiten

Und wenn ich obendrein

Zu etwas mehr gezwungen werde,

Muß ich ganz versagen,

In diesen Tagen,

In denen man von Heirat

Oder von Trennung spricht,

Neige ich, wie du, zu letzterem,

Weil nur, wer alles aufgibt

Neu beginnen kann.

 

 

 

***

Weit davon entfernt als Preussischer Ikarus abzustürzen verfügt Hans Ulrich Prautzsch über eine abgehangene Lässigkeit im Bluesschema. Man mag ihn sich vorstellen, wie er zur blauen Stunde in Cafés und Kneipen sitzt und sich Situationen für spätere Notizen vormerkt. Gesättigt vom Leben kommen diese Gedichte daher. Der Leser begibt sich mit diesen Gedichten an Orte, die von der so genannten Pop-Lyrik nicht aufgesucht wird.

Weiterführend → 

Holger Benkel stellt auf KUNO das „Lyrik Heft 27“, von Hans-Ulrich Prautzsch vor.

KUNO widmet dem Gedicht auch in diesem Jahr den genauen Blick, das aufmerksame, geduldige, ins Denken gedrehte Lesen und Wiederlesen, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.