Das Hungertuch für Bildende Kunst 2013 geht an die Künstlergruppe Salon Atelier

Die Künstlergruppe Salon Atelier aus Dortmund erhält in Anerkennung ihrer künstlerischen Arbeit das Hungertuch für Bildende Kunst 2013

Auch in Zeiten der globalen Unsicherheit haben Künstlergruppen eine lange Tradition. Von den Expressionisten über die Surrealisten bis hin zu Tendenzen in der Land-Art raufen sich immer wieder ein Haufen unterschiedlichster Künstler zusammen und grenzten sich so gegen außen und das Establishment ab.

Eine konzeptionell ausgerichtete Einheit von Einzelgängern kann gemeinsam Ideen entwickeln die konträr zum Kunstbetrieb laufen, sie kann anders auftreten. Mit dem Salon-Atelier hat sich in Dortmund vor wenigen Jahren eine junge Zweckgemeinschaft in Sinne schlechter Kunst (dies soll keine Beleidigung sein, sondern bezieht sich auf den Titel der Ausstellung „Schlechte Kunst zum kleinen Preis“) zusammen getan.

Jascha Fidorra / Alischa Diana Leutner / Astrid Wilk / Nico Jarmuth / Silke Schönfeld / Anne Bekker / Ilona Edit Kohut / Natalie Roeder / Frederic Roos / Roland Baege / Katrin Eßer / Stefan Gutsche

Die Künstlergruppe Salon Atelier besteht aus der Künstlern: Roland Baege, Anne Bekker, Katrin, Eßer, Stefan Gutsche, Nico Jarmuth, Jascha Fidorra, Natalie Röder, Ilona Edit Kohut, Alischa Diana Leutner, Frederic Roos, Silke Schönfeld und Astrid Sophie Wilk.

Es gibt keine gemeinsame Richtung, das wäre Langeweile, hier gibt es aber gewisse Ziele, machen und ausprobieren. Provozieren und dabei mit einem Lächeln das Spiel offenlegen. Junge Künstler zwischen 20 und 30 Jahren, welche die Frechheit besitzen, den Finger in die offenen, die offensichtlichen Wunden des etablierten Kunstmarktes zu stecken und darin mit Lust etwas schmerzhaft herum zu forschen. Da kann dann schon mal in einem Kunstverein, der einfach kurzfristig mit einer Ausstellung besetzt wurde, an der Wand stehen: „Ich wollte immer schon im Kunstverein ausstellen. Mit Einladung wäre schön gewesen, aber so geht es auch.“

Da wird bei einer anderen Aktion die Skype-Übertragung in eine andere Stadt zu einem verbindenden Media-Kunstwerk. Kann so auch ein Tennisspiel Kunst sein?

Die Mitglieder der Künstlergruppe Salon Atelier sagen ganz eindeutig „JA.“ Und schon wird die Idee natürlich in der Kunstakademiestadt Düsseldorf umgesetzt. Mit ihrer Strategie der „hysterical media art exhibitions“ okkupieren sie dreist etablierte und zunächst scheinbar unbrauchbare Orte und überwinden mit ihrer eigentümlichen Charme-Intelligenz alle Schwierigkeiten.

Die Art des Vorgehens mag für Außenstehende chaotisch wirken. Das Unglaubliche: es ist Chaos pur und funktioniert trotzdem. Da wird ein Ort ausgespäht und mit der Plötzlichkeit eines Flashmobs sind alle dort und machen ihr Ding.

Das Adjektiv „offen“ kann vielleicht als zentraler Begriff gesehen werden. Offen für jede Idee und neue Menschen, die sich anschließen oder bei manchen Aktionen einfach mitmachen. Offen aber auch in dem Sinne, daß sich jedes Mitglied in eine eigene Richtung entwickeln kann, daß die Freiheit besteht, zu kommen und zu gehen, wenn es nötig ist.

Die Künstlergruppe Salon Atelier sucht und findet über elektronische Netzwerke Kontakt zu anderen Künstlern und Gruppen, schafft Verknüpfungen, ohne Scheu und elitären Dünkel. Egal ob etabliert oder einfach nur engagiert, hier werden mit Witz und etwas Verrücktheit alle anderen eingesponnen und glücklich überrumpelt. Und zum Schluss sitzt man bis spät in die Nacht zusammen, hört schlechte Musik, trinkt mittelmäßigen Wein oder eben Bier und führt richtig gute Gespräche. Heraus kommen grandiose Aktionen. Wie lange das gut gehen wird, ist nicht die Frage, eher wie diese charmante Idee Verbreitung finden kann. Daher würdigen wir mit dem Hungertuch erstmals eine Künstlergruppe.

 

 

 

 

Weiterführend → 

Im Jahr 2001 wurde mit dem Hungertuch vom rheinischen Kunstförderer Ulrich Peters ein Künstlerpreis gestiftet, der in den Jahren seines Bestehens von Künstlern an Künstler verliehen wird. Es gibt im Leben unterschiedliche Formen von Erfolg. Zum einen gibt es die Auszeichnung durch Preise und Stipendien, zum anderen die Anerkennung durch die Kolleginnen und Kollegen. Letzteres manifestiert sich in diesem Künstlerpreis.

Die Dokumentation des Hungertuchpreises ist in der erweiterten Taschenbuchausgabe erschienen:  Twitteratur, Genese einer Literaturgattung. Herausgegeben von Matthias Hagedorn, Edition Das Labor 2019.

Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur. Und ein Recap des Hungertuchpreises. Eine Liste der bisherigen Preisträger finden Sie hier.