Hohelied auf ein Liebesglück

Bei ca. 100.000 Neuerscheinungen im Jahr stellen wir bei KUNO immer wieder gern jene Preziosen vor, die der Literaturbetrieb in hastvoller Eile vergißt.

Im neuen Prosabuch Die Liebe eines Dichters ist Julian Schutting als Troubadour am Werk und schreibt eine Poesie der Verehrung. Die flüchtigen Gesten, die kleinen und die großen Dramen, hier ein Wink, da eine Kränkung, dort ein unerfüllter Traum – dieser Autor versteht es, aus all dem ein Liebesbuch entstehen zu lassen, das die Leser noch einmal an die großen Gefühle erinnert, die keinen Alltag kennen. Und daran, wie aus dem Alltag das Unalltägliche werden kann.

Über die Namensfrage habe ich mich mit André Heller beraten. Ich habe ihm gesagt: ›Vielleicht Johann.‹ Und der Heller hat mir ganz witzig zur Antwort gegeben, dann würden sich alle fragen, ob jetzt auch ein Onkel aus der Familie Schutting schreiben würde. Judas kam nicht in Frage, weil Verräter an den Frauen bin ich nicht. Was blieb denn da noch. Julius Meinl? Man sieht an dem Namen Julian, was war. (Zitiert nach profil, 1989)

Schutting behandelt die eigene Sozialisation, Begegnungen mit sterbenden Menschen und die komplexen Strukturen, in denen sich Zuneigung äußert. Die Liebe eines Dichters erweckt leicht den Anschein, in ihm wären die Herzensergießungen eines zum Leiden entschlossenen Heiligen gesammelt. Nichts wäre weniger wahr. Schuttings Prosa verrät mitunter das Kalkül des Lyrikers, eine Mischung, die längst nicht immer so gut funktioniert wie hier.

 Die Lyrik ist mittlerweile die Domäne der Dummen. In der Lyrik wird heute so beschränkt geschrieben wie auf keinem anderen Gebiet. Wann das begonnen hat, weiß ich nicht. Wahrscheinlich nach der Bachmann.

Dieser Dichter hat keinen hastig zusammengeschnittenen ›Booktrailer‹ nötig, er hält akribisch das Verrinnen der Zeit fest und beschreibt das Wechselspiel der Medien: Indem das erzählende Ich unter vernehmlichem Zähneknirschen die Hoffnung auf Erfüllung preisgibt, eröffnet  uns Julian Schutting das Reich poetischer Freiheit.

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Julian Schutting, Die Liebe eines Dichters, Jung und Jung, Salzburg/Wien  2012.