ALLES 2, Uraufführung

Die Jetzt-Zeit-Musik einem ungeübteren Publikum nahe zu bringen: Diesem Traum hat sich Bernd Wiesemann, Pianist und Komponist aus Düsseldorf, seit vielen Jahren verschrieben. Seine Wege dorthin sind ebenso vielfältig wie ungewöhnlich: Sparten-übergreifende Projekte und Konzerte gehören dazu, aber auch Performances mit Laien und Profis. Neben Musikern arbeitet er oft und gern mit Bildenden Künstlern, Literaten oder Schauspielern zusammen.

Neue Wege beschreitet Wiesemann vor allem in seinem eigenen kompositorischen und konzeptionellen Schaffen: Dabei entstanden beispielsweise CD- und Rundfunkproduktionen, Film-, Bühnen- und Kammermusiken sowie verschiedene Klangräume. Gern verwendet er ein ungewohntes Instrumentarium, um das Publikum zu irritieren und dadurch für neue Hörerfahrungen empfänglich zu machen. So setzte sich Wiesemann seit Ende der 70er Jahre für das Kinderklavier (Toy Piano) als Konzertinstrument ein, für das sowohl er selbst als auch andere Komponisten eine Reihe faszinierender Werke geschrieben haben.

Uraufführung von ALLES 2

Als Uraufführung steht heute in der Tonhalle (Helmut-Hentrich-Saal, Düsseldorf) ALLES 2 an, eine interaktive, kammermusikalische Komposition für 4 Interpreten. Die Ausführenden sind:

Irene Kurka – Sopran, Stimme, experimentelle Klangerzeuger
Burkart Zeller – Violoncello, Stimme, experimentelle Klangerzeuger
Andreas Simon – Choreograph, Tanz, Stimme, experimentelle Klangerzeuger
Bernd Wiesemann – Klavier, Kinderklaviere, Stimme, experimentelle Klangerzeuger

ALLES 2 ist die Fortsetzung von Wiesemanns Zusammenarbeit mit dem Tänzer und Choreographen Andreas Simon, die im Rahmen des Tasten-(Klavier-)Festivals 2008-2010 in Düsseldorf begann.

Ein Rückblick auf ALLES (2010)

Wiesemann komponierte für einen Klang erzeugenden Tänzer und einen Pianisten, der, auf Grund seiner Handlungen bei der Klangerzeugung letztendlich auch choreographierte Abläufe in den Raum stellte.

ALLES 2 (2012)

ist auf einer verwandten Grundlage aufgebaut: Im Sinne der „Offenen Form“ treten Melodien, Klänge und Geräusche zueinander in Bezug. Die Töne sind auskomponiert und somit den im Zusammenklang gesteuerten Zufälligkeiten unterworfen. So gibt es im Cello Kantilenen, die klingen, wie von Schumann inspiriert.

Im Sopran erscheinen, schon durch die Texte bedingt, Melodien, die mitunter in unterschiedlichen Zusammenhängen auftreten. Hinzu kommen diverse Klangerzeuger, die vom Pianisten und vom Tänzer bedient werden. Es entsteht also ein Werk, das, genau genommen die Form einer Suite ergibt:

Auftritte I bis IV

Mein blaues Klavier           Else Lasker-Schüler

Gott ist gut                           Meister Eckhart

Weltende                              Jakob van Hoddis

Ein Gleiches                         nach Johann Wolfgang von Goethe (Anregung: Niklas Stiller)

Das Fräulein                         Heinrich Heine

Gib auf                                  Rose Ausländer

Epilog

Man könnte von einem inszenierten Liederabend sprechen. Wiesemann gegebüber KUNO:

Sollte ein Bezug zu Cage hergestellt werden, könnte ich ihn als Umweg über Kagel beschreiben. Kagel, der Meister nicht nur des Musiktheaters sondern auch der theatralischen Musik, hat mich immer wieder fasziniert. In Kombination des – von mir gelenkten – Zufalls fühle ich mich beiden Komponisten als Musiker schon lange verbunden.

Theatre Piece

entstand 1960 und ist für 1 bis 8 Ausführende geschrieben. Cage schreibt zu den Ausführenden (= musicians, dancers, singers, et al.) sinngemäß: jeder ist, was er ist, also Musiker, Tänzer, Sängerin usw.) und legt seinen Part nach einem grafischen System von Klammern, Zahlen, Linien nach einem eigenen Zeitplan an. Es sind bis zu 100 differenzierte Aktionen möglich. Die Proben dienen zur Vermeidung physischer Gefahren. Es ist eine Komposition, die auch in Kombination mit anderen Cage-Werken als Simultanaufführung denkbar ist und inzwischen gang und gäbe ist.

Die Musiker führen ihre Fassung heute Abend in der Tonhalle mit Cello, Klavier, Sopran und Tänzer auf. Karten sind an der Abendkasse erhältlich.