Ein alter Tibetteppich

 

 

Deine Seele, die die meine liebet

Ist verwirkt mit ihr im Teppichtibet

 

Strahl in Strahl, verliebte Farben,

Sterne, die sich himmellang umwarben.

 

Unsere Füsse ruhen auf der Kostbarkeit

Maschentausendabertausendweit.

 

Süsser Lamasohn auf Moschuspflanzentron

Wie lange küsst dein Mund den meinen wohl

Und Wang die Wange buntgeknüpfte Zeiten schon.

 

 

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Else Lasker-Schüler aka Prinz Yussuf (1912)

Ein alter Tibetteppich entstand im Jahr 1910, der Erstdruck erschien am 8. Dezember 1910 in der von Herwarth Walden, dem zweiten Ehemann von Else Lasker-Schüler, herausgegebenen Zeitschrift Der Sturm. Karl Kraus druckte es drei Wochen später in seiner Zeitschrift Die Fackel nach. 1911 erschien es im dritten von Lasker-Schüler veröffentlichten Gedichtband Meine Wunder.

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Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den wichtigsten identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.