Und einmal steht das Herz am Wege still

 

Häuser und Mauern, welche die Menschen überdauern,

Bäume und Hecken, die sich über viele Menschenalter strecken,

Dunkel und Sternenheer, in unendlich geduldiger Wiederkehr,

Kamen mir auf den Hügelwegen in der Sommernacht entgegen.

Nach der Farbe von meinen Haaren, bin ich noch der wie vor Jahren,

Nach meiner Sprache Klang und an meinem Gang

Kennen mich die Gelände und im Hohlweg die Felsenwände.

Viele Wünsche sind vergangen, die wie Sterne unerreichbar hangen,

Und einmal steht das Herz am Wege still,

Weil es endlich nichts mehr wünschen will.

 

 

 

 

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Vor 90 Jahren starb Max Dauthendey. Die von Farben und Tönen bestimmte ungebundene und rhythmische Lyrik machte Dauthendey zu einem der bedeutendsten Vertreter des Impressionismus in Deutschland. Seine Werke sind bestimmt von der Liebe zur Natur und deren Ästhetik. Mit virtuoser Sprachbegabung setzte er seine Sensibilität für sinnenhafte Eindrücke in impressionistische Wortkunstwerke um. Bereits seine erste Gedichtsammlung von 1893 mit dem Titel „Ultra-Violett“ lässt die Ansätze einer impressionistischen Bildkraft erkennen, die dichterisch gestaltete Wahrnehmung von Farben, Düften, Tönen und Stimmungen offenbart. In seiner späteren Natur- und Liebenslyrik steigerte sich dies bis zur Verherrlichung des Sinnenhaften und Erotischen und traf sich mit seiner Philosophie, die das Leben und die Welt als Fest, als panpsychische „Weltfestlichkeit“ begriff. Rilke bezeichnete ihn als einen „unserer sinnlichsten Dichter, in einem fast östlichen Begriffe“.

 Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.