Der Silberdistelwald

 

Mein Haus, es steht nun mitten

Im Silberdistelwald.

Pan ist vorbeigeschritten,

Was stritt, hat ausgestritten

In seiner Nachtgestalt.

 

Die bleichen Disteln starren

Im Schwarz, ein wilder Putz.

Verborgne Wurzeln knarren:

Wenn wir Pans Schlaf verscharren,

Nimmt niemand ihn in Schutz.

 

Vielleicht, dass eine Blüte

Zu tiefer Kommunion

Ihm nachfiel und verglühte:

Mein Vater du, ich hüte,

Ich hüte dich, mein Sohn.

 

Der Ort liegt waldinmitten,

Von stillstem Licht gefleckt,

Mein Herz – nichts kam geritten,

Kein Einhorn kam geschritten –

Mein Herz nur schlug erweckt.

 

 

 

Oskar Loerke gehört zu den bedeutendsten Vertretern der deutschen Lyrik des 20. Jahrhunderts. Seine Gedichte werden in Anthologien unter den Stichworten Expressionismus, Naturdichtung oder Innere Emigration abgedruckt. Doch wird diese Reduktion der thematischen Vielfalt und dem Formenreichtum seiner Dichtung nicht gerecht, die weite geschichtliche, mythologische und geographische Räume umgreift. Ihr grundsätzliches Einverständnis mit der Welt erfährt in der NS-Zeit einen tiefen Riss, der auch durch offen eingestandene Wut und Verzweiflung am Weltzustand nicht mehr zu heilen ist.

Für Paul Celan war Loerkes ‚Pansmusik‚ das schönste Gedicht in deutscher Sprache.

Weiterführend  Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.