Das Hungertuch für Manuel Quero

Manuel Quero aus Barcelona erhält in Anerkennung seines künstlerischen Werks das Hungertuch für Choreographie 2003

Photo: Dieter Meth

Queros Werke nutzen die Sprache der Folkwangschule und erweitern diese fortwährend in einen typischen Manuel–Gestus. Seine Mischungen verschiedener Musikrichtungen, von quietschendbunter Popmusik hin zu düsterer Zwölfton– oder melancholisch– heiterer Barockmusik stehen in deutlichem Bezug zur Vielfalt der Themen. Wenn innere Denk– und Seelenprozesse durch Äußerlichkeiten, durch verspielte Rangeleien dargestellt werden, bleibt dem Betrachter mitten im wildesten Lachen genau dieses im Halse stecken und er fühlt sich ertappt in seinen eigenen Lebenslügen.
Der Choreograph wirft den Mantel des Schweigens über die Gelacktheit des Luxus und offenbart auf der Oberfläche noch schrecklichere Versuchungen des Hedonismus. Seine Choreographien arbeiten mit unerwarteten Brüchen und fast kitschig geratende Sequenzen, kontrastieren mit heftigen Gefühlsausbrüchen, die Anmut der Bewegung vor Augen führen und Abgründe der Menschlichkeit offen legen. Das Spiel der Geschlechter, der Schichten, die Eifersüchteleien der Menschen, immer zeigt sich untergründig der Wechseltanz zwischen Humor und Ernsthaftigkeit – ein Augenzwinkern, blauäugig, dann ein blaues Auge.
Quero arbeitet meistens multimedial, setzt den Dialog zwischen Mensch und Leinwandprojektion als ein Spiel von Realität und Vorstellung. Er arbeitet mit bildenden Künstlern zusammen, schafft so Bühnenbilder, die der Intensität seiner Choreographien einen angemessenen Rahmen geben können. Was ist hier eigentlich real?

Kasino, Mülheim an der Ruhr, 2003

 

 

 

Weiterführend → 

Im Jahr 2001 wurde mit dem Hungertuch vom rheinischen Kunstförderer Ulrich Peters ein Künstlerpreis gestiftet, der in den Jahren seines Bestehens von Künstlern an Künstler verliehen wird. Es gibt im Leben unterschiedliche Formen von Erfolg. Zum einen gibt es die Auszeichnung durch Preise und Stipendien, zum anderen die Anerkennung durch die Kolleginnen und Kollegen. Letzteres manifestiert sich in diesem Künstlerpreis.

Die Dokumentation des Hungertuchpreises ist in der erweiterten Taschenbuchausgabe erschienen:  Twitteratur, Genese einer Literaturgattung. Herausgegeben von Matthias Hagedorn, Edition Das Labor 2019.

Weiterführend → ein Essay über die neue Literaturgattung Twitteratur. Und ein Recap des Hungertuchpreises. Eine Liste der bisherigen Preisträger finden Sie hier.