Der grüne Orgasmus

Sex mit dem Essbesteck. Heike Reich, eine junge Autorin mit sympathischem Faible für das Absonderliche … Heißen tut das Buch, um das es hier gehen soll, „Der grüne Orgasmus“. Doch die Buchdeckelinnenseiten (alias Schmutztitel) sind nicht grün, sondern schwarz, nachthimmelschwarz, ach was, abgestandenesgetriebeölschwarz. Schwarz sind auch die Seelen jener Männer und Frauen, die in die ein- bis zwanzigseitigen Erzählungen von Heike Reich eingeschlossen sind.

taz bremen

Es beginnt eiskalt und endet im Feuer. Heike Reich beobachtet Menschen, die nicht zu Rande kommen. Was geschieht, wenn der Alltag umschlägt und die Nachtseite ihrer Heldinnen und Helden bloßlegt? Dort begibt sich bald Unerhörtes, bald verfangen sie sich in ihren eigenen Ritualen. Es bleibt ihnen nur, die Welt hellwach zu durchschreiten oder betäubt zu durchtaumeln. Die Autorin bewegt sich gekonnt zwischen experimentellem und traditionellem Erzählen. Sie versteht es, die Gestalten in ihrer Vereinzelung und zwanghaft-lustvollen Erotik greifbar zu machen. Den Leser erwartet ein kontrastreiches Spiel aus überbordenden Bildern und eingedämmten Kreisläufen, aus wild tanzender und notdürftig innegehaltener, gleichsam eingefrorener Bewegung. Die Erotik als zentrales Thema erweist sich in einer magisch belebten Dingwelt als Instrument, um die Verbindung zwischen Innen- und Außenwelt zu erhalten oder herzustellen. „Haben Sie schon einmal die Erotik eines Bestecks gekostet? Einen Abdruck von Ihrem Gesäß nehmen lassen? In der Kühlkammer auf Ihre Schneekönigin gewartet? Einen grünen Orgasmus bekommen? Nein? Dann haben Sie vermutlich noch nichts von der Frankfurterin Heike Reich gelesen.“ az

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Der grüne Orgasmus, von Heike Reich. Killroy Media, 1998

KUNO hat seit jeher ein Faible für Trash. Dem Begriff Trash haftet der Hauch der Verruchtheit und des Nonkonformismus an. In Musik, Kunst oder Film gilt Trash als Bewegung, die im Klandestinen stattfindet und an der nur ein exklusiver Kreis nonkonformistischer Aussenseiter partizipiert. Dieser angeschmutzte Realismus entzieht sich der Rezeption in einer öffentlichen Institution. In der Reihe Gossenhefte zeigt sich, was passiert, wenn sich literarischer Bodensatz und die Reflexionsmöglichkeiten von populärkulturellen Tugenden nahe genug kommen. Der Essay Perlen des Trash stellt diese Reihe ausführlich vor. Daher sei sei Enno Stahls fulminantes Zeitdokument Deutscher Trash ebenso eindrücklich empfohlen wie Heiner Links Vorwort zum Band Trash-Piloten. Ebenso verwiesen sei auf Trash-Lyrik.