Wenn aus der Ferne …

 

Wenn aus der Ferne, da wir geschieden sind,

Wenn aus der Ferne, da wir geschieden sind,

Ich dir noch kennbar bin, die Vergangenheit,

O du Theilhaber meiner Leiden!

Einiges Gute bezeichnen dir kann,

So sage, wie erwartet die Freundin dich?

In jenen Gärten, da nach entsetzlicher

Und dunkler Zeit wir uns gefunden?

Hier an den Strömen der heilgen Urwelt.

Das muss ich sagen, einiges Gutes war

In deinen Blicken, als in den Fernen du

Dich einmal fröhlich umgesehen,

Immer verschlossener Mensch, mit finstrem

Aussehn. Wie flossen Stunden dahin, wie still

War meine Seele über der Wahrheit, dass

Ich so getrennt gewesen wäre?

Ja! ich gestand es, ich war die Deine.

Wahrhaftig! wie du alles Bekannte mir

In mein Gedächtnis bringen und schreiben willst,

Mit Briefen, so ergeht es mir auch,

Dass ich Vergangenes alles sage.

War′s Frühling? war es Sommer? die Nachtigall

Mit süßem Liede lebte mit Vögeln, die

Nicht ferne waren im Gebüsche

Und mit Gerüchen umgaben Bäum′ uns.

Die klaren Gänge, niedres Gesträuch und Sand,

Auf dem wir traten, machten erfreulicher

Und lieblicher die Hyazinthe

Oder die Tulpe, Viole, Nelke.

Um Wänd und Mauern grünte der Efeu, grünt′

Ein selig Dunkel hoher Alleen. Oft

Des Abends, Morgens waren dort wir,

Redeten manches und sahn uns froh an.

In meinen Armen lebte der Jüngling auf,

Der, noch verlassen, aus den Gefilden kam,

Die er mir wies, mit einer Schwermut,

Aber die Namen der seltnen Orte

Und alles Schöne hatt′ er behalten, das

An seligen Gestaden, auch mir sehr wert,

Im heimatlichen Lande blühet

Oder verborgen, aus hoher Aussicht,

Allwo das Meer auch einer beschauen kann,

Doch keiner sein will. Nehme vorlieb, und denk

An die, die noch vergnügt ist, darum,

Weil der entzückende Tag uns anschien,

Der mit Geständnis oder der Hände Druck

Anhub, der uns vereinet. Ach! wehe mir!

Es waren schöne Tage. Aber

Traurige Dämmerung folgte nachher.

Du seiest so allein in der schönen Welt,

Behauptest du mir immer, Geliebter! das

Weist aber du nicht,

Wenn aus der Ferne, da wir geschieden sind,

Wenn aus der Ferne, da wir geschieden sind,

Ich dir noch kennbar bin, die Vergangenheit,

O du Theilhaber meiner Leiden!

Einiges Gute bezeichnen dir kann,

So sage, wie erwartet die Freundin dich?

In jenen Gärten, da nach entsetzlicher

Und dunkler Zeit wir uns gefunden?

Hier an den Strömen der heilgen Urwelt.

Das muss ich sagen, einiges Gutes war

In deinen Blicken, als in den Fernen du

Dich einmal fröhlich umgesehen,

Immer verschlossener Mensch, mit finstrem

Aussehn. Wie flossen Stunden dahin, wie still

War meine Seele über der Wahrheit, dass

Ich so getrennt gewesen wäre?

Ja! ich gestand es, ich war die Deine.

Wahrhaftig! wie du alles Bekannte mir

In mein Gedächtnis bringen und schreiben willst,

Mit Briefen, so ergeht es mir auch,

Dass ich Vergangenes alles sage.

War′s Frühling? war es Sommer? die Nachtigall

Mit süßem Liede lebte mit Vögeln, die

Nicht ferne waren im Gebüsche

Und mit Gerüchen umgaben Bäum′ uns.

Die klaren Gänge, niedres Gesträuch und Sand,

Auf dem wir traten, machten erfreulicher

Und lieblicher die Hyazinthe

Oder die Tulpe, Viole, Nelke.

Um Wänd und Mauern grünte der Efeu, grünt′

Ein selig Dunkel hoher Alleen. Oft

Des Abends, Morgens waren dort wir,

Redeten manches und sahn uns froh an.

In meinen Armen lebte der Jüngling auf,

Der, noch verlassen, aus den Gefilden kam,

Die er mir wies, mit einer Schwermut,

Aber die Namen der seltnen Orte

Und alles Schöne hatt′ er behalten, das

An seligen Gestaden, auch mir sehr wert,

Im heimatlichen Lande blühet

Oder verborgen, aus hoher Aussicht,

Allwo das Meer auch einer beschauen kann,

Doch keiner sein will. Nehme vorlieb, und denk

An die, die noch vergnügt ist, darum,

Weil der entzückende Tag uns anschien,

Der mit Geständnis oder der Hände Druck

Anhub, der uns vereinet. Ach! wehe mir!

Es waren schöne Tage. Aber

Traurige Dämmerung folgte nachher.

Du seiest so allein in der schönen Welt,

Behauptest du mir immer, Geliebter! das

Weist aber du nicht,

Wenn aus der Ferne, da wir geschieden sind,

Ich dir noch kennbar bin, die Vergangenheit,

O du Teilhaber meiner Leiden!

Einiges Gute bezeichnen dir kann,

So sage, wie erwartet die Freundin dich?

In jenen Gärten, da nach entsetzlicher

Und dunkler Zeit wir uns gefunden?

Hier an den Strömen der heilgen Urwelt.

Das muß ich sagen, einiges Gutes war

In deinen Blicken, als in den Fernen du

Dich einmal fröhlich umgesehen,

Immer verschlossener Mensch, mit finstrem

Aussehn. Wie flossen Stunden dahin, wie still

War meine Seele über der Wahrheit, daß

Ich so getrennt gewesen wäre?

Ja! ich gestand es, ich war die deine.

Wahrhaftig! wie du alles Bekannte mir

In mein Gedächtnis bringen und schreiben willst,

Mit Briefen, so ergeht es mir auch,

Daß ich Vergangenes alles sage.

Wars Frühling? war es Sommer? die Nachtigall

Mit süßem Liede lebte mit Vögeln, die

Nicht ferne waren im Gebüsche

Und mit Gerüchen umgaben Bäum uns.

Die klaren Gänge, niedres Gesträuch und Sand,

Auf dem wir traten, machten erfreulicher

Und lieblicher die Hyazinthe

Oder die Tulpe, Viole, Nelke.

Um Wänd und Mauern grünte der Efeu, grünt‘

Ein selig Dunkel hoher Alleen. Oft

Des Abends, Morgens waren dort wir,

Redeten manches und sahn uns froh an.

In meinen Armen lebte der Jüngling auf,

Der, noch verlassen, aus den Gefilden kam,

Die er mir wies, mit einer Schwermut,

Aber die Namen der seltnen Orte

Und alles Schöne hatt er behalten, das

An seligen Gestaden, auch mir sehr wert,

Im heimatlichen Lande blühet

Oder verborgen, aus hoher Aussicht,

Allwo das Meer auch einer beschauen kann,

Doch keiner sein will. Nehme vorlieb, und denk

An die, die noch vergnügt ist, darum,

Weil der entzückende Tag uns anschien,

Der mit Geständnis oder der Hände Druck

Anhub, der uns vereinet. Ach! wehe mir!

Es waren schöne Tage. Aber

Traurige Dämmerung folgte nachher.

Du seiest so allein in der schönen Welt,

Behauptest du mir immer, Geliebter! das

Weißt aber du nicht

 

 

 

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Friedrich Hölderlin, Pastell von Franz Karl Hiemer, 1792

Weiterführend → Ulrich Bergmann hat das Stück „Der Tod des Empedokles“ neu gelesen und fand ein Gedicht.

 Poesie ist das identitätsstiftende Element der Kultur, KUNOs poetologische Positionsbestimmung.

 Lesen Sie auch Friedrich Hölderlins Essay Über die Verfahrungsweise des poetischen Geistes

Wir begreifen die Gattung des Essays auf KUNO als eine Versuchsanordnung, undogmatisch, subjektiv, experimentell, ergebnisoffen.