Das Steinbildhauer-Symposion in Steinwenden

Das Symposion des Platon (427-347), 1807 ins Deutsche übersetzt von Friedrich Schleiermacher, fand statt während eines Gastmahls, ausgerichtet anlässlich einer Siegesfeier für den Dichter Agathon. Unter Freunden wollte man gemeinsam das Wesen des Eros ergründen, kurzum: der Begriff ist eng mit Gesprächen verknüpft, die sich um die Liebe drehen.

Das Mischungsverhältnis von Wasser und Wein wurde vorab geklärt, für Essen, weiche Kissen und Unterhaltung war gesorgt. Hauptsächlich ging es um Diskussion und philosophische Auseinandersetzung, die eine für die Zeit erstaunliche Toleranz und Gesprächsbereitschaft zeigte.

Die Silbe SYM (Sympathie, Symbol, Symbiose, Symmetrie) deutet auf die ZWEI, auf eine Verhältnismäßigkeit zweiter Elemente, auf etwas, was sich entspricht, was sich positiv zueinander verhält. Der Begriff der Empathie gehört zur näheren Verwandtschaft.

Der Begriff des Symposions wurde 1959 von dem österreichischen Bildhauer Karl Prantl für eine Veranstaltung genutzt, die im burgenländischen Steinbruch ST. Margarethen stattfand. Mehrere Bildhauer trafen sich dort, lebten und arbeiteten zusammen, „um von der Zeit ein Zeugnis abzugeben“. Das Fachsimpeln, das gemeinsame Arbeiten, fernab von Werkstatt, Galerie und Kunstbusiness, das Betonen des kollektiven Geistes und der Solidarität untereinander war hier nicht politisches Programm, sondern Reaktion auf Wettlauf und Konkurrenzdenken, auf Separatismus und „kalten Krieg“ im Weltgeschehen.

Fernab von „Einer wird gewinnen“ entwickelte sich in der zuerst europäischen, dann internationalen Bildhauerszene eine Bewegung, die Gedankenaustausch mit konkreter und oft harter und schmutziger Arbeit verband. Große monumentale Arbeiten – hauptsächlich in Stein – sind Zeugen dieser langjährigen Aktivität, die Menschen und Orte, Länder und Sitten, Materialien und Landschaften miteinander verbindet. Die geografische nahen Projekte „Steine an der Grenze“ (Saarland/ bei Merzig/ Prof Paul Schneider), die Skulpturenstraße in St. Wendel (Prof. Kornbrust) wie auch der Skulpturenweg Rheinland – Pfalz (Jürgen und Martin Picard, Schweinstal) sind allein schon umfangreich; das Nennen von Schlüsselfiguren kann nur schwer die Dimensionen andeuten, in denen hier gedacht, geplant und gearbeitet wurde.

Diskussionsbereitschaft und Kritikfähigkeit, Erfahrung und Neugier, Professionalität und Aktion treffen sich hier, um Kenntnisse zu erwerben und zu vertiefen, Kenntnisse anzuwenden, umzusetzen, um von Anderen zu lernen, um zu verstehen, warum etwas anders ist oder doch so, wie es immer war oder zu sein schien. Kunst und handwerkliches Schaffen und die lebendige Diskussion darüber treffen sich hier.

St. Margarethen (K. Prantl) Lindabrunn (M. Hietz), das Grenzgängerprojekt zwischen Deutschland-Österreich und der ehemaligen Tschecheslowakei (Pfefferkorn), Istambul, Mersin, Italien mit Carrara, Nanto, Undine, Fanano, Giuliano di Roma, das internationale Symposion in Aswan Ägypten (Adam Henein) …Taiwan, China, Korea, Indien, Georgien, Russland (Penza) und so weiter und so fort.

Der Charakter der Symposien steht und fällt mit der Reflexion über die Wurzeln (Otto Freundlich, der Gedanke der Ost und West verbindenden Skulpturenstraße…!)  und dem zutiefst kulturpolitischen Charakter des Ganzen. Auch hier in Steinwenden findet eine solche Begegnung statt, die sich zuerst einmal über das wache Interesse und den geschäftlichen Alltag der Firma Wigant definiert. Ein Symposion kann aber nicht auf Werbung für Firmen, Personen, Materialien, Steinbearbeitung und Kunst reduziert werden; es kann auch dies bedeuten, ist aber mehr. Die teilnehmenden Bildhauer sind Hauptdarsteller, ihre Internationalität und die Vielfalt der zu bearbeitenden Materialien (Marmor binaco C, Bardiglio aus Carrara, roter Sandstein aus dem Schweinstal bei Kaiserslautern, Basaltlava aus der Eifel, deutscher Jurakalk aus dem Würzburger Raum, türkischer Kalkstein, chinesische Granite, chinesische Gabbro) sprechen für sich. Gerade die Unterschiedlichkeit in Denken und Agieren, in künstlerischen Ansätzen und Statements kommt hier zum Tragen, wird vermittelt.

Ein Symposion bindet Energie und setzt neue Energie frei; diese Organisationsform bietet eine bühne für Akteur und Zuschauer, wobei das Teilen von Eindrücken und das Teilhaben am Geschehen entsprechend des eigenen Dazutuns passiert.

Also: Bringen sie sich mit!