things change

 

b (da bleib ich kühl)

mein haus steht unter dem eisenbahn-viadukt. kurz vor sechs uhr abends fährt der cisalpino darüber hinweg. und ich darin. im haus habe ich alles so gelassen, die ordnung und die unordnung. heute morgen war ich um so vieles älter, als ich jetzt jünger bin. verlassen liegt der kleine garten, eben aus dem brückenschatten entkommen, ein plastikminipool ein gardenia-schlauch eine aufgelassene sandkiste. die kinder sind weggezogen. ich besuche meine freundin in mailand. in einer schleife werde ich hierher zurückkehren. verwandelt und doch derselbe. ich werde mit der vergangenheit sprechen, und du mit der zukunft. sei zufrieden, dass du mich gekannt hast.

 

 

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Anmerkung der Redaktion: KUNO erinnert an eine Reihe von 13 Short-Shorts, kurze Kurzgeschichten. Diese konzentrierten Prosastücke sind schlichterdings nicht ganz einfach, beunruhigend oder schmerzend. Fast alle sind hintersinnig und mindestens doppelbödig. Einige bringen im Kopf des Lesers eine – kleinere oder größere – Welt zum Erblühen. Oder auch zum Verwelken.

Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.