Jon who? – Hassell studierte bei Karlheinz Stockhausen , wirkte an der ersten Aufnahme von Terry Rileys „In C“ mit und arbeitete als Studiomusiker für Talking Heads und Peter Gabriel . Seine Soloarbeiten lieferten zudem die klangliche Blaupause für zahlreiche zeitgenössische Musiker, darunter Aphex Twin (siehe „Selected Ambient Works Vol. II“) .
Im Jahr 1980 erschien das Album einer kongenialen Zusammenarbeit: »Fourth World Music Vol. I: Possible Musics« von Jon Hassell und Brian Eno. Diese ´Possible Music wurde in den Celestial Sounds Studios in New York City aufgenommen und 1980 von Editions EG, einem Sublabel von E.G. Records, veröffentlicht. „Fourth World Music“ ist eine von Hassell beschriebene musikalische Ästhetik, die er als „einen einheitlichen, primitiv-futuristischen Klang, der Merkmale ethnischer Weltmusikstile mit fortschrittlichen elektronischen Techniken verbindet“, beschreibt. Es ist unheimliche, traumhafte und entrückte Musik.
„Rising Thermal“ wiederholt eine viertönige, bandgeschnittene Trompete mit einer darüberliegenden, stark bearbeiteten Trompete wird mit einem Harmonizer-Effekt bearbeitet, wodurch fremdartige Klangfarben entstehen, die zwischen den Tönen einer traditionellen westlichen Tonleiter zu gleiten scheinen. Oft klingen seine Melodien eher wie eine menschliche Stimme als wie ein Blechblasinstrument. Die Rhythmusspuren – bestehend aus Handperkussion und E-Bass – sind zwar stark repetitiv, aber auch unruhig und instabil. Das Ergebnis ist ein Klang, der Minimalismus, Jazz und Ambient-Elemente vereint, sich aber keiner dieser Genres eindeutig zuordnen lässt.
„Charm (Over ‚Burundi Cloud‘)“, das die gesamte zweite Seite der Original-LP-Veröffentlichung einnahm, basiert auf einigen längeren Stücken von Hassells Album „Vernal Equinox“ von 1977. Hassells unverwechselbarer Klang und der langsame Aufbau verschmelzen mit tiefen, pulsierenden Grooves und Klängen. Diese faszinierenden Klänge verschmelzen mit dem Trompetenklang wie Wellen und Wind, und die dunklen Unterströmungen deuten auf die Entdeckung einer fernen neuen Welt oder die Vision einer Verschmelzung von Altem und Neuem hin. Der trompeter sah seine Musik als Plattform für neue soziale Experimente sah, entwarf die Vision einer „kaffeefarbenen Welt“, in der Integration und die Wertschätzung von Vielfalt zentrale Merkmale waren, und versuchte, dies in seiner Musik umzusetzen. Die Trompeten sind mit einem umgekehrten Echo versehen. Eno nutzte die Erfahrungen, die er bei der Produktion dieses Albums gesammelt hatte, für seine Zusammenarbeit mit David Byrne an „My Life in the Bush of Ghosts“.
Der Einfluss des Werkes ist bis heute ungebrochen, nicht nur auf die von Brian Eno vorangetriebene Ambient-Musik, sondern auch auf die vom Stockhausen-Schüler Jon Hassell aufgebrachte Theorie »Fourth World Music«, deren Idee der grenzenlosen Musik, der „coffee-colored classical music of the future“ (Hassel), sich in der Weltmusik weitgehend festgesetzt hat.
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Fourth World: 01 Possible Music, von Jon Hassell & Brian Eno, 1980
Das Coverfoto des Albums ist eine Landsat-Aufnahme der Gegend südlich von Khartum im Sudan. Die Kartenkoordinaten in „Rising Thermal“ („14°16’N, 32°28’E“) entsprechen dem auf dem Foto abgebildeten Gebiet. Der Fluss ist der Weiße Nil.