KAISERPANORAMA

Reise durch die Deutsche Inflation

 

XII.
Wie alle Dinge in einem unaufhaltsamen Prozeß der Vermischung und Verunreinigung um ihren Wesensausdruck kommen und sich Zweideutiges an die Stelle des Eigentlichen setzt, so auch die Stadt. Große Städte, deren unvergleichlich beruhigende und bestätigende Macht den Schaffenden in einen Burgfrieden schließt und mit dem Anblick des Horizonts auch das Bewußtsein der immer wachenden Elementarkräfte von ihm zu nehmen vermag, zeigen sich allerorten durchbrochen vom eindringenden Land. Nicht von der Landschaft, sondern von dem, was die freie Natur Bitterstes hat, vom Ackerboden, von Chaussee, vom Nachthimmel, den keine rot vibrierende Schicht mehr verhüllt. Die Unsicherheit selbst der belebten Gegenden versetzt den Städter vollends in jene undurchsichtige und im höchsten Grade grauenvolle Situation, in der er unter den Unbilden des vereinsamten Flachlandes die Ausgeburten der städtischen Architektonik in sich aufnehmen muß.

 

 

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Ein Stereoskop im Wiener Praterkino „Kaiserpanorama“ um 1900. Originalfoto im Besitz des Filmarchiv Austria

Als Kaiserpanorama bezeichnet man ein um die Wende zum 20. Jahrhundert populäres Massenmedium, das es bis zu 25 Personen gleichzeitig ermöglichte, stereoskopische Bilderserien durch ein Guckloch zu betrachten. Gezeigt wurden hauptsächlich exotische und für den Normalbürger unerschwingliche Reiseziele und Landschaften. Ein Umlauf der hinter einer zylindrischen Holzvertäfelung automatisch im Kreis transportierten Bildserien dauerte eine halbe Stunde.

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