Schneiderhüpfel vor dem Ochsen am Spieß

 

 

Ein Maß Bier und zwei Maß Bier

Und hundert Maß Bier und tausend Maß Bier.

So leben wir, so leben wir

An der Isar.

 

Und Kalbshaxn und Kalbshaxn.

Wie sind keine Preußen, wir sind keine Sachsen.

Wir sind keine Spießer.

Wir sind Genießer.

 

Oktoberfest im Mai, im August,

Oktober zu jeder Zeit.

Wir sind uns unserer selbst bewußt

Und jodeln aus herziger Brust:

„Immer kampfbereit!“

 

Wir sind urwüchsig und frei.

Wir sind international gesinnt.

Un, zwo, trois, gsuffa!

Es lebe unsere Polizei!

Wer unsere Behörden nicht liebt,

Der spinnt.

Wir sind tolerant.

Die preußischen Sauereien

Sind uns bekannt.

Kommt zum Oktoberfest!

Unterstützt unsere Brauereien!

Himmel Herrgott Sakrament!

 

 

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Ein entscheidendes Ereignis im Leben Joachim Ringelnatz’ war 1909 der Beginn seiner Auftritte in der Münchner Künstlerkneipe Simplicissimus. Rasch wurde der Unbekannte zum Hausdichter und damit quasi Angestellten der geschäftstüchtigen Wirtin Kathi Kobus und Freund und Kollege der dort auftretenden und verkehrenden Künstler wie Carl Georg von Maassen, Erich Mühsam, Frank Wedekind, Max Dauthendey, Julius Beck, Ludwig Thoma, Emmy Hennings, Roda Roda, Bruno Frank und Max Reinhardt. Die Auftritte waren jedoch sehr schlecht bezahlt. Ringelnatz hoffte mit Reklameversen und dem Tabakladen Tabakhaus Zum Hausdichter Geld verdienen zu können, doch das originelle Geschäft (geschmückt mit einem menschlichen Gerippe) machte nach einigen Monaten Pleite.

Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.