Vorwort

Im Herbst 2010 regte mein Düsseldorfer Künstlerfreund A. J. Weigoni an, doch eine Auswahl meiner Aufsätze in Buchform herauszugeben. Ihm sei hier ausdrücklich und herzlich dafür gedankt, ebenso wie meiner Frau Ursula, die die Cover-Gestaltung und die Anfertigung einiger Zeichnungen übernahm.

Mit einer gewissen Skepsis machte ich mich an die Arbeit — schließlich war erstens ein Großteil der Aufsätze bereits zweimal publiziert worden, im ‚Medienbrief‘, dem Periodikum des LVR-Zentrum für Medien und Bildung, vormals Medienzentrum Rheinland, und im Internet in dem von mir herausgegebenen und seit September 1996 existierenden Online Journal ‚www.vordenker.de‘, das sich an Leserinnen und Leser wendet, die das Präfix „vor“ als „in die Zukunft hinein“ verstanden wissen möchten. Zweitens sind die Texte selbst recht heterogen und richten sich an verschiedene Zielgruppen.

Daher beschloss ich, das Projekt durch eine Klammer „Zugänge, oder: Das Wir und unsere Technik“ zu verbinden und um fünf neue bislang unveröffentlichte Beiträge zu ergänzen, um mein publizistisches Gewissen zu beruhigen. Dabei geriet der Aufsatz „Denken denken“ um Einiges länger als ursprünglich beabsichtigt. Er bildet einen bis weit ins Politische hinein reichenden Fragenkern und thematisiert die aktuellen globalen Krisen als Ausdrücke einer Krise des Denkens.

Von den geplanten neuen Beiträgen waren zwei bereits fertig, zwei weitere zu je etwa drei Vierteln fertig und der Fünfte noch nicht begonnen, da löste sich am 14. März 2012 in Düsseldorf der Landtag auf. Am 24. März wurde ich auf der Aufstellungsversammlung der Piratenpartei NRW in Münster auf Listenplatz 1 der Landesliste gewählt.

Konnte ich vorher an Wochenenden und freien Tagen parallel zu meiner beruflichen Vollzeittätigkeit am LVR-Zentrum für Medien und Bildung an der Buchausgabe arbeiten und in kontemplativer Ruhe die neuen Aufsätze weiterentwickeln, so war daran jetzt nicht mehr zu denken. Der Wahlkampf verlangte meinen vollen Einsatz. Nach dem großartigen Wahlerfolg der Piratenpartei am 13. Mai und dem Einzug von 20 Abgeordneten in den nordrhein-westfälischen Landtag ging es nahtlos weiter. Eine Fraktion mit Mitarbeiterstab aufzubauen, das gleicht in etwa der Gründungsphase eines mittelständischen Unternehmens.

Das Ziel habe ich allerdings nicht aus den Augen verloren. Ich mag es nicht, lose Enden herumliegen zu lassen. In drei kurzen Auszeiten im August, im Oktober und im Dezember sowie in der ein oder anderen selten gewordenen freien Stunde — mit einem mp3-Recorder in der Straßenbahn zum Landtag oder im Zug zu einer Veranstaltung — habe ich an den verbleibenden Texten weitergearbeitet.

So paradox es klingt, die Arbeit daran hatte eine erdende Wirkung, sie war so etwas wie ein roter Faden zwischen den vielen verschiedenen Tätigkeiten, Gesprächen, Sitzungen, Redenvorbereitungen, der mich zusammenhielt und eine Brücke schuf zwischen dem Heute und meiner beruflichen Tätigkeit in den vergangenen Jahren.

Philosophische, wissenschaftliche oder künstlerische Texte transportieren immer auch ein politisches Moment, das mir als Kompass durch das Alltags-Klein-Klein eines frischgebackenen Abgeordneten geholfen hat, die größeren Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.

Durch meine politischen Aktivitäten und das in der Wahl übertragene Mandat erhöhte sich mein medialer Bekanntheitsgrad. Es wäre also durchaus möglich gewesen, nunmehr für das Buchvorhaben einen klassischen Verlag zu suchen. Aus persönlichen und politischen Gründen war es mir jedoch wichtig, an meinem ursprünglichen Vorhaben festzuhalten. Dieses Buch erscheint in Eigenregie und eigen finanziert unter dem Label ‚Edition das Labor — Verlag der Artisten‘, einem losen Zusammenschluss von Autoren, die dieses Label gemeinsam für ihre Veröffentlichungen nutzen, nach meiner Auffassung ein möglicher Weg für Publikationen der Zukunft.

Als Pirat erkläre ich, das Verfahren der Veröffentlichung steht ebenso in politischen, kultur- und wissenschaftspolitischen Bezügen wie viele der hier gebotenen Inhalte.

Die Reihenfolge der Aufsätze entspricht der chronologischen Reihenfolge ihres Entstehens. Die einzige Ausnahme bildet der schon erwähnte 2011 entstandene Beitrag „Zugänge“, den ich als thematische Klammer und Einführung vorangestellt habe.  Insofern markiert die Reihung auch eine gewisse Entwicklung des Denkens und Schreibens, das — oft abgelenkt durch jeweils aktuelle Bezüge zu meinen beruflichen Tätigkeiten — um das Kernthema ‚Menschen, Medien, Netze und Maschinen‘ mäandriert. Gleichwohl sind die Aufsätze eigenständig. Die Lese-reihenfolge obliegt ganz der Freiheit des Lesers.

Die Sammlung bringt einige Doppelungen und Wiederholungen —  auch in zitierten Quellen — mit sich, die jedoch durch alle Beiträge fortlaufend nummeriert sind. Vermerke wie ‚Ebenda‘, ‚Ebd.‘ und ‚am anderen Ort‘, ‚a.a.O.‘ beziehen sich jeweils auf Quellen des aktuellen Aufsatzes und nicht etwa auf Quellen eines voranstehenden Beitrags. Dass die Quellen lediglich knapp über Zahlen referenziert sind, soll der flüssigen Lesbarkeit dienen. Wer Autorennamen sucht, kann dies auch über das Personenregister tun. Viele Quellen nennen im Internet bereit stehendes Material. Aus diesem Grund findet sich das gesamte Quellenverzeichnis auch online und verlinkt unter dieser Adresse.

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TRANS-
Reflexionen über Menschen, Medien, Netze und Maschinen
Aufsätze 1996 – 2013 von Joachim Paul. Direkt bestellen, hier.

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