Mondnacht

 

Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt‘.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

 

 

***

Mondnacht ist ein Gedicht des Dichters Joseph von Eichendorff, das in der deutschen Spätromantik um 1835 entstand und 1837 erstmals veröffentlicht wurde.

Für Theodor W. Adorno war Eichendorff „kein Dichter der Heimat, sondern des Heimwehs im Sinne des Novalis, dem er nahe sich wußte.“ In seinem Essay Zum Gedächtnis Eichendorffs weist er auf den affirmativen Tonfall hin, der dem Dunklen entrungen sei, und spricht von einem „Entschluß zur Munterkeit“, der sich mit seltsam paradoxer Gewalt am Ende des Werkes bekunde. Nach Ansicht Adornos ermöglichte gerade Eichendorffs Festhalten am Vorbürgerlichen und Überkommenen einen kritischen Blick auf bürgerliche Verhältnisse. Indem Eichendorff sich vom Liberalismus distanzierte, gewann seine Lyrik für ihn ihre utopische Dimension. Um zu verhindern, dass der Dichter von „Kulturkonservativen“ und Katholiken vereinnahmt werde, bedürfe es einer dialektischen Lektüre gegen den Strich. Zunächst müsse man sich aber eingestehen, dass „der Ton des Affirmativen, seine Verherrlichung des Daseins schlechthin“ nicht verteidigt werde, um andere Ebenen seiner Lyrik der idyllisierenden Lesart zu entziehen. Adorno weist auf den Versuch hin, Eichendorff als „Kronzeugen einer positiven Religiosität“ und in „landsmannschaftlichem Geiste, einer Art Stammespoetik Nadlerschen Schlages“ zu nutzen. Derlei Bestrebungen liefen darauf hinaus, ihn im patriotischen Sinne „gewissermaßen rück(zu)siedeln“, was mit seinem „restaurative(n) Universalismus“ nicht zu vereinbaren wäre.

Es sei das „Gegenteil sturer Apologie“, ihn vor Freunden und Gegnern zu retten. Allerdings gebe es ein Element seiner Lyrik, das „dem Männergesangverein überantwortet ward … nicht immun gegen sein Schicksal“ war und „es vielfach herbeigezogen“ habe. Auch könne der „Ton des Affirmativen, der Verherrlichung des Daseins“, der zu bestimmten Lesebüchern geführt habe, nicht verleugnet werden. Für Adorno klingen einige seiner Verse indes „wie Zitate beim ersten Mal, memoriert nach dem Lesebuch Gottes.“

Konzentriere man sich auf die Funktion der Sprache, schlage der Konservatismus in die Moderne um. Die Verneinung des Herrschaftlichen, zumal über die eigene Seele, sei progressiv. Seine Dichtung lasse sich vertrauensvoll treiben „vom Strom der Sprache und ohne Angst, in ihm zu versinken.

Weiterführend → Poesie zählt für KUNO weiterhin zu den identitäts- und identifikationstiftenden Elementen einer Kultur, dies bezeugte auch der Versuch einer poetologischen Positionsbestimmung.

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